Wenn die Verfasser der deutschen Denkschrift den Er—
eignissen dieser Jahre keine gründliche Unkersuchung ge-
widmet haben, so hatte das — die Ausführungen des
vorigen Kapitels scheinen es mir zu beweisen — seinen
Grund nicht in dem Bewußtsein, daß eine Verkeidigung
der deutschen Diplomatie während dieser Jahre unmög-
lich sei. Sie haben vielmehr wohl deshalb geschwiegen,
weil sie nicht auf den Gedanken kommen konnten, daß es
jemandem einfallen könne, diese Jahre der Einkreisung,
während deren sich Deutschland ununterbrochen im Zu-
stande der Verteidigung befand und während deren
es durch Verständigungsversuche mit seinen Nachbarn
Kriegsgefahren beseitigen wollte, in das System der
erhobenen Anklagen einzuflechten. Was die Herren
Bourgeois und Pagẽès hier Komplotte gegen den Welt—-
frieden nennen, waren in Wirklichkeit Versuche zu seiner
Erhalkung. Wären sie nichk am Widerstande Frank-
reichs gescheikerk, so härke selbst der Mord von Serajewo
nichk die Veranlassung zum Hereinbrechen der großen
Kakastrophe werden können. —
Um nun zu beweisen, daß die Einkreisung von Deuktsch-
land selbst nicht als Bedrohung empfunden wurde, wirft
die Anklageschrift die folgende Frage auf: „Wenn
Deutschland, wie es immer wieder klagke, sich durch die
mik dem französisch-russischen Bündnis und dem herzli-
chen Einvernehmen auf der ganzen Welk verbundenen
Vereinbarungen bedrohkl fühlte, hätke es da nichk in der
Haager Friedenskonferenz das beste Verteidi-
gungemittel gefunden? Es zog aber diesem Papierfetzen
sein Schwerk vor und schärfte es.“ 1
1) A. a. O. S. 325.
Kronprinz Wilbelm, Ich süuche d. W. 19
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