Diese Frage gibt mir Beranlassung, auf Deutschlands
Verhalken während der zweiten Haager Friedenskonfe—
renz einzugehen, das ja in der Propaganda für die Schuld-
lüge eine so wichkige Rolle gespielt hak und unseren Fein-
den als einer der stärksten Beweise dafür gilt, daß Deutsch-
land sich durch keine inkernakionalen Abmachungen den
Weg zur Gewalkamwendung verschließen lassen wollke.
Kann man die Frage der Anklageschrift aber nach den
Erfahrungen, die die Menschheit selbst unter der Herr-
schaft des Völkerbundstatuts gemacht hat, noch ernst neh-
men? Des Völkerbundstatuts, das weder den polnisch-
russischen Krieg, noch den griechisch-kürkischen Krieg ver-
hindern konnte, und das den Mitsgliedern der Gesellschaft
der Nationen so wenig Sicherheit gegen zukünftige Kriege
zu verbürgen scheint, daß sie Sicherheitspakte jetzt für noch
unentbehrlicher halten als früher und ihre Rüstungen
nicht ablegen?
Wie kann man auf den Gedanken kommen, daß die
auf der zweiten Haager Friedenskonferenz eingebrachten
Anträge, die das obligatorische Schiedsgericht durch die
Einschaltung der sogenannten Ehrenklausel auf Fragen
beschränkten, um derentwillen Kriege niemals mehr ent—
stehen konnken, aber alle Fragen, die Kriegsmöglichkei-
ken in sich bargen, nach wie vor durch die üblichen Mit-
kel der Diplomatie, und wenn sie versagken, durch das
Schwerk entscheiden lassen wollken, dem eingekreisten
Deutschland ein Mi#tkel zur Verkeidigung hätten wer-
den können? Gerade deshalb, weil es über jeden Zweifel
erhaben war, daß kein einziger Krieg durch ein schiedsge-
richtliches Verfahren, wie es von den schon damals gegen
Deutschland verbündeten Mächten vorgeschlagen war,
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