2. Wohnsitze, Namen und Sprache, Herkunft des Bahernvolkes. 3
Zuletzt unter den vier großen deutschen Stämmen hat der bayerische
seine heutigen Wohnsitze gewonnen und diese Tatsache bestimmt bereits ein
gutes Stück seiner Geschichte. Schon beginnen sich die Wogen der Völker-
wanderung zu glätten, schon hat im ganzen Westen und Nordwesten von
Deutschland die bleibende Bevölkerung sich niedergelassen und Franken, Sachsen,
Schwaben haben bereits eine Geschichte hinter sich, als die Bayern zuerst in
ihren heutigen Wohnsitzen erscheinen. Etwa um 520 nennt den Baioarier die
sogenannte fränkische Völkertafel, ein kahles Verzeichnis von Volksnamen, dem
jedoch außer der ersten Nennung der Bayern auch der Umstand besonderen
Wert verleiht, daß hier des Tacitus Scheidung der Germanen in Ingävonen,
Istävonen und Herminonen, genauer Erminonen, noch einmal wiederkehrt. Im
Jahre 565 sodann spricht der Dichter Venantius Fortunatus von dem Lande
Baioarien, das er, von Italien zum fränkischen Könige Sigibert reisend,
zwischen Inn und Lech durchwandert habe. Als eines Volkes, das zwischen
Augsburg, dem Inn und den Alpen sitzt, erwähnt derselbe Venantius auch der
Baioarier in seinem Lobgedichte auf den heiligen Martinus.
Die ältesten Namensformen, die bei Schriftstellern und in Urkunden, seit
dem 8. Jahrhundert auch in einheimischen Denkmälern auftreten, sind: Baioarii,
Baiovarii, Baiuwarii, Baiuvarii, auch schon gekürzt: Bawarii und Bawari.
In deutscher Sprache erscheinen zuerst in einer Wessobrunner Handschrift und
in den romanisch-deutschen Kasseler Glossen, beide aus dem 8. Jahrhundert,
die Namen Peigira und Peigirolant, wie denn im Munde der alten Bayern
jedes b im Anlaut zu p verhärtet wurde.
Über die Bedeutung dieses Namens kann kein Zweifel obwalten, wenn
man sich der analog gebildeten Stammnamen Amsiwarli, Chatwarli, Ripuarü
erinnert. Baiuwarii sind die Bewohner des Landes Baia oder Baias.
Baias nennt der Geograph von Ravenna einen Teil des ausgedehnten
Gebietes, das er nach seinem Hauptstrome als das Elbeland bezeichnet. Es
ist dasselbe Land, das dem Tacitus Boihemum heißt. Seine ältesten Be-
wohner in historischer Zeit waren die Bojer, ein keltischer Stamm. Als sie
durch die Markomannen verdrängt wurden, gaben diese dem neugewonnenen
Lande den Namen: das Heim der Bojer, Boioheim, Böheim, Böhmen, der
noch heute sowohl am Lande als an seinen jetzigen Bewohnern haftet. Die
Volksnamen Bayern und Böhmen haben also ursprünglich dieselbe Bedeutung:
Bewohner von Böhmen. Noch im 5. Jahrhundert saßen die Markomannen
in Böhmen. Im siebten zuerst begegnen dort die slavischen Czechen, die aber
wahrscheinlich schon früher, gleich nach dem Abzuge der Markomannen, ein-
gedrungen sind; wenigstens läßt sich zwischen den letzteren und ihnen kein
anderes Volk dort nachweisen.
Die Bayern führen bei ihrem ersten Auftreten in der Geschichte rein
deutsche Personennamen und rein deutsch sind ebenso die Ortsnamen, die sie
ihren neuen Niederlassungen beilegen. Nur in Zeiten, denen das Licht der
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