3. Die vokgeschichtliche Zeit des Landes. 11
Unzweifelhaft ist in unserem Lande von der jüngeren Steinzeit ein
ununterbrochener Fortschritt der Entwicklung bis auf die Höhe der Bronze-
zeit zu erkennen. Wenn man die ÜUberreste dieser beiden Perioden aufmerksam
verfolgt, sgewinnt man den Eindruck, daß hier ein und derselbe Volksstamm
sich zu einer ihm erreichbaren Kulturhöhe entwickelt hat. Auch die wenigen
bisher gefundenen Wohnstätten mit ihrem Inventar deuten darauf hin, daß
die Leute der jüngeren Stein= und der Bronzezeit in ununterbrochener Ge-
schlechterreihe aufeinanderfolgten, daß kein Bevölkerungswechsel während dieser
Perioden eintrat. Wie sich in den steinzeitlichen Niederlassungen auf dem Auhögl
und auf der Insel im Würmsee die ersten Spuren der Metallverwendung zeigen,
so treten in der bisher einzigen im südlichen Bayern gefundenen bronzezeit-
lichen Niederlassung unter der Burgruine in Karlstein bei Reichen hall
die letzten Spuren der Verwendung von Steinmaterial neben der schon
herrschenden Bronze zutage. Diese kleine, in entlegener Gebirgsgegend befind-
liche Ansiedlung gibt in ihren Resten nur das Bild von ärmlichen Behau-
sungen, nicht von der Höhe der bronzezeitlichen Kultur. Immerhin aber
gewährt sie einen Einblick in das Leben und Treiben ihrer Bewohner. Am
Fuße des steilen Bergkegels und terrassenförmig am Berghang übereinander
lagen die Hütten, die am Berg in der Weise in den Hang eingeschnitten
waren, daß der natürliche Felsen die Rückwand bildete und der Aushub nach
vorn abgelagert wurde um Raum zu gewinnen. Der ebene Boden war fest-
gestampft und Spuren von Pfostenlöchern lassen annehmen, daß Vorder= und
Seitenwände aus Holzstämmen zusammengefügt waren. Das Dach ruhte
schräg auf dem Felsen der Rückwand und den Stämmen der Vorderwand.
Eine oder auch zwei Feuerstellen waren im Hüttenraum aus großen Steinen
halbkreisförmig angebracht. Das Hausinventar bestand aus großen Tonkufen
für Wasservorrat, aus Mahlsteinen und Reibern von Granit, mit denen von
den Weibern sdas Getreide gemahlen wurde; viele Nähnadeln von Bronze,
Spinnwirtel und Webstuhlgewichte von Ton deuten darauf hin, daß hier von
ihnen gesponnen, gewoben und die Kleidung bereitet sowie Netze gestrickt
wurden. Denn die Männer oblagen dem Fischfang (Funde von Angeln aus
Bronze, vieler Netzsenker) und der Jagd (Pfeilspitzen von Feuerstein und Bronze);
sie beschäftigten sich mit Bronzegießen (Gußklumpen, Gußform, Schmelztiegel-
reste, neue Stücke mit Gußnaht). Viele vorkommende kleine Bronzepunzen
oder Stichel (wie sie auch in den Schweizer Pfahlbauten zahlreich auftreten)
dienten zu irgend einem hier betriebenen Handwerk. Am natürlichen Felsboden
der Hütten und ihrer Umgebung fanden sich abgesprungene Schneiden von
Bronzebeilen, ein Beweis, daß die Männer hier den Felsboden zur Herstellung
der Hütten und das Holz der Stämme bearbeitet hatten. Außerordentlich
häufig waren die Scherben der Töpfe, die ebenfalls hier von den Weibern
hergestellt wurden. Selbst ganz kleine Geschirrchen, offenbar Kinderspielzeug,
fanden sich vor. Zerbrochene oder verlorene Schmucksachen von Bronze ließen