4. Das Land im Dämmerlichte der Geschichte. 15
ärmlicher Ausstattung. Die Blütezeit der Kultur hat bei uns nur ein paar
Jahrhunderte, etwa durch das 8. und 7. Jahrhundert v. Chr., gedauert. Über
die ethnologische Zugehörigkeit der Hallstattbevölkerung Bayerns herrscht die
Vermutung, daß sie illyrische Veneter waren, eine Annahme, die etymologisch
aus einigen Resten von topographischen Namen gestützt wird, wie dem alten
Namen des Bodensees — lacus venetus, dem Namen des Venetberges in
Tirol, vielleicht auch dem des Venedigers u. a. Unbegründet und irrig aber ist
die weitverbreitete Bezeichnung der Bevölkerung sowohl der Bronzezeit als der
Hallstattleute als „Kelten“.
4. Das Land im Dämmerlichte der Geschichte.
Von Franz Weber.=
Mit dem Anbruch des 5. Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung
beginnt ein neues Stilelement in den im antiken Sinn barbarischen Ländern
Mitteleuropas aufzutreten, das den größten Teil des Kontinents bis auf
die klassischen Länder ergreift und auf Jahrhunderte beherrscht. Diese Stilart
ist aber nicht wie die früheren von Süd und Ost her von den Mittel-
meergebieten hereingedrungen, sondern es läßt sich ihr Ursprung mit Sicher-
heit aus dem westlichen Europa, dem Sitz der keltischen Gallier, nachweisen.
Hier in Frankreich hatte sich seit alter Zeit unter dem Einfluß der grie-
chischen Küstenstädte ein nationaler Stil gebildet, der nunmehr seine Blüte
erreicht hatte. Wahrscheinlich im Zusammenhang mit dieser erlangten Kultur-
höhe stehen die nach sagenhaften Nachrichten der antiken Schriftsteller um
diese Zeit beginnenden Wanderzüge der Kelten, die durch die Vermehrung
der Bevölkerung und das Bedürfnis nach Ausdehnung veranlaßt worden
sein und halb im Dämmer der Sage, halb im Frühlicht der Geschichte
über Mitteleuropa bis Kleinasien und über Italien sich ergossen haben
sollen. Auf diesen Wanderzügen soll auch das Land zwischen den Alpen
und dem Main, das heutige Bayern, wie auch Böhmen von keltischen
Stämmen dauernd besetzt worden sein und zwar nördlich von Helvetern und
Bojern, südlich von Vindelikern und Norikern. Inwieweit zu diesem sagenhaften
geschichtlichen Gerippe die archäologischen Überreste und Funde des Landes die
Gewandung abgeben können, soll hier an deren Hand näher untersucht
werden.
Der La Tenestil, wie diese neue Periode allgemein genannt wird,
hat seinen Namen von dem ersten größeren Fundort im Kanton Neuenburg
in der Schweiz, der diese neue Stilrichtung deutlich erkennen ließ. Auch diese
Periode zerfällt in mehrere Abschnitte, von denen die beiden ersten auf eine
ältere Stilart, die das 5. und 4. vorchristliche Jahrhundert ausfüllt, die
beiden letzten auf eine jüngere hinweisen, von denen die eine das 3. und 2.,
die andere das 1. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung umfaßt. Die ältere