74. Des Kurfürsten und Königs Max I. Joseph innere und äußere Politik. 403
waren, und veranstalteten auf Kosten ihrer abwesenden Wirte glänzende Bälle
und Schmausereien. Doch ließen sich die Franzosen auch die edleren Genüsse
nicht entgehen, die ihnen die Stadt bieten konnte. Wie Moreau große Vorliebe
für die deutsche Literatur hegte, so war General Desolle ein enthusiastischer
Verehrer der deutschen Tonkunst. Auf seinen Wunsch wurde durch die kur-
fürstliche Kapelle, die einen hohen Ruf genoß, Haydns Schöpfung aufgeführt,
die selten ein so begeistertes Publikum gefunden haben mag wie jene französischen
Offiziere. Ihre Verehrung für die bildenden Künste bekundeten jedoch die
Sieger in eigennützigster Weise. Als der Kommissär der Rheinarmee, Neveu,
in den Gemäldesaal der Residenz trat, rief er überrascht aus: „Wie war es nur
diesen kleinen Herzogen und Kurfürsten von Bayern möglich Kunstschätze zu
sammeln, wie sie die Tuilerien nicht besitzen!“ Sofort schrieb er auf diejenigen
Gemälde, die ihm am besten gefielen, mit Kreide: Republique Frangaise, zur
Anweisung für die Grenadiere, welche den Raub abholen mußten. Vorstellungen
bei dem Gouverneur der Okkupationstruppen erzielten nur die Antwort: „Es
kann nicht die Rede sein von Bedingungen und Schwierigkeiten zwischen Sieger
und Besiegten; der erste befiehlt, der andre gehorcht gutwillig oder weicht der
Gewalt.“ Auch die der Stadt auferlegte ungeheure Brandschatzung ließ die
Einwohner über ihr Verhältnis zu den „Befreiern der deutschen Völker“, wie
die Franzosen in ihren Proklamationen sich nannten, nicht im Zweifel.
Auch bei Hohenlinden konnten die ÖOsterreicher und Bayern über Moreaus
überlegenes Feldherrngenie nicht obsiegen, die Franzosen drangen in die kaiser-
lichen Erblande ein, so daß der Kaiser für seine Hauptstadt Wien bangend
Waffenstillstand schloß und Unterhandlungen anknüpfte, die zum Frieden von
Lunéville führten. Dem wachsamen Montgelas, dem einflußreichsten Minister
des Kurfürsten, blieb nicht unbekannt, daß vonseiten des Wiener Kabinetts
neuerdings Anstrengungen gemacht wurden, um für die an Frankreich abzu-
tretenden Gebiete Ersatz durch Einverleibung eines Teils von Bayern zu ge-
winnen. Es war demnach in Wahrheit nur ein Akt der Notwehr, daß Bayern
um sich seiner Frcunde zu erwehren mit Frankreich einen Vertrag abschloß
(24. August 1801), wodurch es allen Ansprüchen auf das linke Rheinufer ent-
sagte, sich dagegen eine Entschädigung an Land verbürgen ließ, „das so günstig
als möglich gelegen wäre um als Ersatz für alle Verluste zu dienen“.
Da durch die Bestimmungen des Luneviller Friedens überhaupt eine
Umgestaltung von ganz Deutschland notwendig geworden war, wurde ein Kon-
greß nach Regensburg berufen, dessen Hauptschluß erst am 27. April 1803
zum Vollzug kam. Dank den freundschaftlichen Beziehungen zu Frankreich
wurde Bayern bei dem Gebietsaustausch in hohem Maße begünstigt. Es er-
hielt die Hochstiste Würzburg und Bamberg, die zu den schönsten und best-
kultivierten Territorien des Reiches zählten, die Hochstifte Augsburg und Freising
und eine große Anzahl wichtiger Reichsstädte. Erst durch diese Erwerbungen
in Franken und Schwaben war zu einer politischen Entwicklung Bayerns die
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