Full text: Lesebuch zur Geschichte Bayerns.

414 76. König Ludwigs I. Jugendzeit und Lehrjahre. 
stimmend darin, daß sie eine liebenswürdige Erscheinung und von überaus 
milder und gütiger Sinnesart gewesen sei. Sie war eine warme Freundin 
der Kunst; ein von ihr gemaltes Aquarell wird im Münchener National- 
museum aufbewahrt. 
Die trefflichen Eigenschaften von Ludwigs Vater sind bekannt; sie bildeten, 
als er später den bayerischen Thron bestieg, das Glück seines Volkes und der 
Jurist Feuerbach, der wahrlich kein blinder Bewunderer der bayerischen Zu- 
stände jener Periode war, gab nur der Wahrheit die Ehre, da er Maximilian 
Bayerns Heinrich IV. nannte. Zu Straßburg war er wegen seines jovialen 
Charakters, seiner Freigebigkeit und Leutseligkeit der allgemeine Liebling, und 
wie seine Soldaten an ihm hingen, zeigt eine heitere Episode aus den Tagen 
kurz nach der Geburt des Erbprinzen. Bei einer Musterung seiner Grenadiere 
bemerkte er mit Erstaunen, daß alle Knebelbärte verschwunden waren. Auf 
seine Frage wurde ihm statt der Antwort ein Wiegenkissen präsentiert, das 
mit den Bärten der Soldaten gepolstert war. Ein seltsames Wiegengeschenk, 
aber das Opfer war jedenfalls manchem schwer geworden. 
Der heranwachsende Prinz erhielt eine durchaus militärische Erziehung; 
das Patengeschenk Ludwigs XVI. war ein französisches Oberstenpatent gewesen. 
Die Anschauungsweise des Vaters blieb immer der französischen verwandter 
als der deutschen; aber der Sohn bewahrte sich bis an sein Lebensende, das 
ihn, wie der Zufall wunderlich spielt, ebenfalls auf französischem Boden über- 
raschte, die wärmste deutsch-patriotische Gesinnung. 
Dem Aufenthalt der herzoglichen Familie in Straßburg wurde ein uner- 
wartetes Ende gesetzt. Auch dort bildete sich im ereignisschweren Jahre 1789 
ein Jakobinerklub, dessen Initiative bald Willige und Unwillige zum Kampf 
gegen das Bestehende rief; das Rathaus wurde gestürmt, die rote Fahne auf- 
gesteckt und das Martialgesetz proklamiert. Max Joseph mußte Straßburg ver- 
lassen. Nach vorübergehendem Aufenthalt in Darmstadt und Rohrbach ließ 
er sich mit den Seinen in Mannheim nieder. Sein Haus war allen Emi- 
granten, von denen damals die Rheingegenden überfüllt waren, gastlich 
geöffnet. 
Hier in Mannheim, dem ein wahres Eden, der Schwetzinger Park, an- 
grenzt, verlebte Prinz Ludwig seine Knabenjahre. In einem 1809 geschriebenen 
Gedichte gibt er der Erinnerung an jene sonnigen Tage Ausdruck: 
„Dich vergesse ich nie, die du Aufenthalt warst meiner Kindheit, 
Pfalz! und auch, Pfälzer, euch nie; liebe euch, die ihr mich liebt! 
Wiederum sehe ich mich in Schwetzingens Garten mit meiner 
Mutter, der besten, die's gab, die unvergeßlich mir ist. 
Liebliche Stelle, woselbst das Mahl wir, das ländliche, nahmen, 
Vor dem Hügel, auf dem raget der Tempel Apolls 
O Erinnerung jener zu eilig entschwundenen Tage, 
Freundliches Andenken du, immerfort bist du mir frisch!5
	        
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