Full text: Lesebuch zur Geschichte Bayerns.

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79. An Herrn Mae Iver, meines Erstgebornen Erzieher. 
78. Nachklage (1816). 
Von Kronprinz Ludwig.) 
Nur die Leiden habe ich getragen, 
Um das Vaterland den tiefen Schmerz, 
Heine Schlachten durfte ich nicht schlagen, 
Ach! vergeblich sehnte sich mein Herz. 
Wie die übersehungslosen Wogen 
Kamen Völher hämpfend hergezogen, 
Alles schimmerte in Waffenglanz, 
Ich allein entbehr' den Siegeskranz. 
Kriege mag es viele künftig geben, 
Doch ein solcher kommt uns nimmermehr, 
Nie von neuem dieses heil'ge Streben, 
So ein gottbeseeltes, hohes Heer. 
  
Freudig hatte sich's geweiht dem Sterben 
Um der Heimat Freiheit zu erwerben, 
Zu des Wütrichs Sturz vom Erdenthron 
Eine Palme nur verlangt zum Lohn. 
Ihrseid glücklich, die ihr fielt im Glauben 
An des deutschen Sinnes neue Macht, 
Welchen unfre Tage gräßlich rauben, 
Niemals aus dem Traume ihr erwacht. 
Und in jenen bessern, schönern Welten 
Lohnet euch das ewige Vergelten; 
Aber Trauer immer mich umragt, 
Denn mir wurde jener Kampf versagt. 
79. An Herrn Mac Jver, meines Erstgebornen Erzieher. 
Unterrichtsinstruktion vom Jahre 1817 von Kronprinz Ludwig.2) 
Vor Allem die Bezeugung meiner Zufriedenheit mit der, schon in der 
kurzen Zeit, daß Sie bei meinem Sohne sind, bewirkten vorteilhaften Ver- 
änderung. Was den Unterricht betrifft, setze ich Folgendes sest: Von Anfang 
November bis Ende Dezember (Sonntag und Feiertag ausgenommen) täglich 
zwei halbe Stunden, in welchen Sie ihn werden lesen lernen. Ich sage zwei 
halbe Stunden, weil sie nicht in dieselbe Tageszeit fallen dürfen; dieses gilt 
für alle folgende Unterrichtszeit gleichfalls. Januar bis Februar täglich zwei 
Dreiviertelstunden; März bis Juni täglich zwei Stunden. Mit dem Monat 
März kann auch nebst dem täglich eine Viertelstunde, aber nicht sitzend, sondern 
im Zimmer auf= und niedergehend, mit dem Kopfrechnen zu lernen verwendet 
werden, aber zu keiner bestimmten Zeit im Tage. Mit dem Monat März 
hat der förmliche Religionsunterricht, den Sie gleichfalls erteilen werden, zu 
beginnen, und im Juni, die vom Hofbibliothekar Lichtenthaler zu geschehende 
Unterweisung im Klavierspielen, welches beide auch in zwei zum Unterrichte 
festgesetzten Stunden zu verrichten; von welchem im Juni zum Klavier täglich 
eine Viertelstunde zu nehmen. Dieses gilt, bis ich anders bestimme. In 
welchem dieser Monate Sie es für geeignet finden, beginnen Sie meinem Sohne 
kleine Fabeln und Erzählungen auswendig lernen zu lassen. Das Gedächtnis, 
was für einen Fürsten so wichtig ist, muß geübt, muß geschärft werden. 
Dahin streben Sie, daß religiöses Gefühl meinen Sohn durchlebe, wie 
das Blut den Körper, so jenes die Seele. Gottesfurcht, mehr noch Gottesliebe 
  
1) „Gedichte des Königs Ludwig von Bayern“, I. Band, S. 198. München 1829, Cotta. 
2) Vgl. Karl Theodor v. Heigel: „Ludwig I., König von Bayern“, S. 65. Leipzig 1872, 
Duncker & Humblot.
	        
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