Full text: Lesebuch zur Geschichte Bayerns.

86. Christoph Schmid unter den Kindern. 439 
trunka. Tust halt so winni, weil du wieder z'viel hast!“ Molte volte 
denkt Schmeller. Sogleich ist auch der Wirt aufgesprungen und beschwichtigte 
den Rammelmair: „Geh, wer wird denn so ein' Rüepel machen! Du brauchst 
nix z'fürchten, der Herr tragt kein' roten Kragen. Vertreib mir doch meine 
Gäste nit! Meinst du denn, ich lade sie ein, damit wir eine höhere Steuer 
kriegen?“ — „Du wärst mir schon ein Guttüchener,“ spricht der Burgerbauer, 
dich hat g'wiß noch keiner lachen sehen; du gehst, mein bad! unters Dach 
auffi, wenn du ein freundliches Gesicht machen willst!“ „Du, mach mi nit 
suchti!“ antwortet der Rammelmair. „Dies war mir schon zu dumm; jetzt 
geh' i gar, wo ist mein Ranzen? Kellnerin, was bin i schuldi?"“ „Mein, 
was wirst schuldi sein“, versetzt das Burgei, „hast gotzige drei Maß!“ — 
„Anhabig“, „progeln“, „gotzig“ schreibt der Professor 1) wieder in sein Büchel 
und überlegt bei sich, ob das letztere Wort nicht gar zu gotisch stimme. 
86. Thristoph Schmid unter den Kindern. 
Von Alexander Schöppner.) 
Anno 179é6 erhielt Christoph Schmid, der allverehrte Jugendschriftsteller, 
ein sogenanntes Schulbenefizium im Marktflecken Thannhausen an der Mindel 
in Schwaben. Diese Stelle ertrug einen Gehalt von etwa dreihundert Gulden, 
auch war der Titel eines Schulinspektors damit verbunden. Der Inhaber 
1) Schmeller, geboren im gleichen Jahre mit Jakob Grimm, am 6. August 1785, 
zu Tirschenreut in der Oberpfalz, fand seine Heimat in Altbayern, in Rimberg bei 
Pfaffenhofen a. d. Ilm, wohin die kinderreichen Eltern schon im zweiten Jahre seines 
Lebens übersiedelten. Der Pfarrherr seines Ortes, Anton Nagel, nahm ihn zuerst in 
seinen eigenen Unterricht und brachte ihn hierauf in das Seminar des Stiftes Scheyern. 
Auf dem Gymnasium zu Ingolstadt (1797) und zu München (seit 1799) setzte er seine 
Studien fort, mit Not und Entbehrung ringend. Während er im Lateinischen, in Philosophie 
und Naturwissenschaften die Fortschritte eines tüchtigen Schülers machte, beschäftigte ihn 
bereits das interessante Problem des Gegensatzes von Schriftsprache und Volksmundart, 
an dem die deutschen Grammatiker seit den Tagen seines Landsmannes Aventin gleich- 
gültig vorübergegangen waren. — Durch Staatsurlaub und Geldunterstützung ward 
Schmeller später in den Stand gesetzt das Land in seinen verschiedenen Teilen zu bereisen; 
schon vorher hatte er als Oberleutnant mehrere Jahre hindurch seine Forschungsergebnisse 
durch planmäßige Vernehmung der jungen Rekruten gefestigt und ergänzt. Später standen 
ihm für die älteren Sprachstufen die überreichen Schätze der K. Staatsbibliothek zur 
Verfügung; endlich gesellten sich neue Helfer und Mitarbeiter im ganzen Bayerlande 
dazu. E. Schröder, Allgem. deutsche Biogr. 31, 786. 
„Des Lebens Müh'n hat er durchkostet, „Er hat die Sprache, die wir sprechen, 
Bevor das Höchste ihm gelang, In ihren Festen aufgerührt, 
Das seinem Fleiß, der nie gerostet, Der Forschung Quell, der Weisheit Bächen 
Glanz und Unsterblichkeit errang.“ Ein neues Leben zugeführt.“ 
(Frz. X. Seidl.) 
2) „Lehrreicher Schulmeisterspiegel"“, 2. Bändchen, S. 38 ff. München 1859, 
J. J. Lentner. 
 
	        
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