440 86. Christoph Schmid unter den Kindern.
dieses Benefiziums hatte die Verpflichtung über die Schule des Ortes die Auf-
sicht zu führen und den Religionsunterricht zu erteilen. Christoph Schmid
zog dahin, nahm seine jüngere Schwester Franziska zu sich und fing eigene
Haushaltung an. Er fand die Schule in so unvollkommenem Zustande, daß
er sich entschloß selbst Schule zu halten. Bald gelang es ihm die Thann-
hauser Schule zu einer wahren Musterschule zu erheben und es fanden sich
bei den Prüfungen und auch sonst viele jüngere Lehrer und Geistliche ein um
seine Methode zu beobachten und ihre Schule danach einzurichten. Viele
Stunden brachte der Benefiziat in der Schule unter den Kindern zu und
diese hingen mit einer Liebe und Hochachtung an dem Kinderfreunde, daß das
Lernen und Lehren ihnen und ihm zur Lust wurde.
Um die Kinder für ihren Fleiß zu belohnen veranstaltete er zuweilen
kleine Kinderfeste, auch verfaßte er Schauspiele, welche sie aufführten. An
schönen Frühlings= und Sommermorgen ging er mit ihnen hin und wieder
auf einen Hügel vor dem Orte hinaus und erwartete in ihrer Mitte das
herrliche Schauspiel der aufgehenden Sonne. Er lehrte sie hier den allmächtigen
Schöpfer in seinen Werken kennen und lieben und machte sie auf die reinen
Freuden aufmerksam, die ein schuldloses Herz in Gottes schöner Schöpfung
genießen kann.
Auch seine Schwester Franziska, eine sehr gebildete Jungfrau, die der
berühmte Naturforscher Schubert nur „Maria-Martha“ hieß, unterstützte
ihren Bruder in dem edlen Geschäfte der Jugendbildung. Da sie eine Meisterin
im Nähen, Stricken und Sticken war, so eröffnete sie auf seinen Wunsch eine
Arbeitsschule für die weibliche Jugend. Während der Arbeit wußte sie immer
etwas Nützliches und Lehrreiches zu erzählen und nicht nur die Hände sondern
auch den Geist zu beschäftigen. Oft wurden auch schöne Lieder unter der
Arbeit gesungen, von denen die schönsten Christoph verfaßte. Vieles trug sie
so zum Lebensglück ihrer Zöglinge bei. Viele dieser Mädchen wurden vor-
zügliche Hausfrauen und Hausmütter; andere traten in weibliche Erziehungs-
anstalten und wirkten als tüchtige Lehrerinnen, besonders der Industrie. Auf
diese und andere segensreiche Weise wirkten hier beide Geschwister zur echten
Bildung und Veredlung der Jugend.
In Thannhausen war es auch, wo sich die ersten Blüten von Christoph
Schmids schriftstellerischer Tätigkeit entwickelten. Zuerst gab er 1801 seine
allbekannte „Biblische Geschichte“ heraus, durch welche er sogleich die Aufmerk-
samkeit des großen Publikums auf sich lenkte. Diesem glänzenden Versuche
folgte „Der erste Unterricht von Gott“, ein kleines Lesebüchlein für die An-
fänger in der Schule. Dann erschienen „Die Ostereier“ „Die Genoveva“ und
andere bekannte Schriften. Im Anfang schrieb Christoph nur für die Schul-
jugend zu Thannhausen und las seine Geschichten aus dem Manufkript nach
der Sonntagsschule den Schülern vor; erst später gab er sie auf vielfältigen
Wunsch heraus. Über den Eindruck, den diese Erzählungen auf die Jugend