Full text: Lesebuch zur Geschichte Bayerns.

87. Goldbergwerke und Goldwäschereien in Bayern. 441 
machten, als sie der Verfasser zuerst selbst vorlas, schreibt eine seiner Schü- 
lerinnen: „Mit Sehnsucht warteten wir, bis sich die Türe öffnete und der ge- 
liebte Jugendfreund mit der Schrift in der Hand eintrat. Der eben behandelte 
Gegenstand wurde beendigt und der Lehrer selbst wie seine Schüler horchten 
nun mit gespannter Aufmerksamkeit dem überaus schönen Vortrage. Nicht 
selten wurde die Rührung groß, Tränen flossen und ein lautes Schluchzen 
entstand. Wir merkten die vorgeschrittene Zeit nicht und bestürmten mit Bitten 
den ermüdeten Vorleser fortzufahren. Von einem Sonntag zum anderen freute 
man sich, wenn eine Erzählung angefangen war, auf die Fortsetzung derselben 
am nächsten Sonntag. Zuweilen bekamen wir als Hausaufgabe den Auf- 
trag eine Erzählung nachzuschreiben. Die schönen Erzählungen blieben aber 
nicht bloße Gedächtnissache, sie bestimmten auch die Handlungsweise sehr vieler 
Jungfrauen Thannhausens. Man sah recht viele sittsame, unschuldige und 
fleißige Mädchen aufblühen, die sich die hervorleuchtenden Tugenden einer 
„Genoveva“, einer „Rosa von Tannenburg“ und einer „Maria im Blumen- 
körbchen“ zu Musterbildern wählten und fern von Weltsinn und Eitelkeit ihre 
Freude in Gott und stillen häuslichen Tugenden suchten zur Freude ihrer 
Eltern und Lehrer.“ 
Diese Erzählungen zuerst in einem unbekannten Dorfe verfaßt und der 
Dorfjugend dortselbst vorgelesen fanden allmählich den Weg durch ganz 
Europa und sogar über den Ozean. 
87. Goldbergwerhe und Goldwäschereien in Bayern. 
Von A. Geistbech."“ 
Vom sagenumwobenen Argonautenzug an, dessen Verlauf noch dem Dunkel 
der vorgeschichtlichen Zeit angehört, bis zum jüngsten Kriegszug der Engländer 
ins friedliche Burenland, immer und überall hat das Gold, das mit Recht als 
„König der Metalle“ gepriesen wird, in den Beziehungen der Menschen unter- 
einander, im Handel und Verkehr, in der Kunst und Wissenschaft eine bedeutsame 
Rolle gespielt, freilich nicht immer in segenbringender Weise. Der römische Ge- 
schichtschreiber Tazitus preist daher die Deutschen glücklich, daß ihnen eine 
gütige Gottheit das Gold versagt habe. In der Tat, Deutschland ist niemals 
ein Goldland gewesen, wie man nach der Zahl der Schürfbriefe und nach 
der Fülle der Literatur hierüber schließen könnte; es ist vielmehr nur kärglich 
mit Gold ausgestattet, obwohl seine Berge und Flüsse im Süden, Osten und 
Westen Gold halten. Dessen spärliches Vorkommen wie die kostspielige Ge- 
winnung schließen eine Ausbeutung im großen aus, so daß das edle Metall 
billiger und bequemer vom Auslande bezogen wird. 
In früheren Jahrhunderten lagen indessen die Verhältnisse anders als 
heutzutage. Die ungeheuren Goldschätze der Nordamerikanischen Union, Austra- 
liens und Südafrikas waren noch unerschlossen, das gleißende Metall war
	        
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