93. Ludwig I. von Bayern als Erzieher seines Volkes 459
Gefolge der französischen Marschälle in Berlin einziehen. Da ist sein erster
Gang zu Schadow, um eine Büste — Friedrichs des Großen zu bestellen; in-
mitten der deutschen Zerrissenheit und Entmutigung ahnt er die Wende, faßt
er den Entschluß, dem deutschen Genius einen Ehrentempel, die Walhalla, zu
bauen! — —
Den Männern in seiner Umgebung ist über dem persönlichen Vorteil und
über dem Buhlen um die Gunst des Augenblicks alle politische Fernsicht, alles
Gemeingefühl entschwunden. Er allein erkennt, wer das Recht und die Zukunft
für sich habe. Darum sieht er in den Tirolern, obwohl sie die bayerischen
Wappenschilder in Trümmer schossen, nicht Feinde, sondern natürliche Bundes-
genossen und wünscht ihrer Erhebung Glück und Erfolg!
Und im Befreiungsjahr selbst! Während die königlichen Räte aus Furcht
vor dem Kommenden und in der Angst um das Errungene vor jedem ent-
schiedenen Schritt warnen, schreibt er schon im Frühjahr, während Napoleon
noch Sieg über Sieg erkämpft, an den leitenden Minister: „Es gibt nur ein
Mittel uns die Achtung der Nation wieder zu gewinnen: sofort unsere Waffen
von der französischen Streitmacht zu trennen!“
War es nicht groß gedacht, wenn er das bayerische Verfassungswerk, um
dessen Zustandekommen er sich schon großes Verdienst erworben hatte, gegen
die Mächtigsten des Zeitalters schirmte und an den Vater die Mahnung richtete:
„Wir haben die Verfassung beschworen, wovon uns niemand entbinden kann; Sie
können nicht wollen, daß eine Verletzung derselben, also ein Eidbruch geschehe!“
Wer hat den „anbrechenden Tag im Osten“ mit wärmerer Begeisterung
begrüßt, wer mit Rat und Tat die staatliche Wiedergeburt des Griechenvolkes
gefördert wie er, zu einer Zeit, da das Wort Hellene an allen andern Höfen
Europas verpönt war, da die Freunde der hellenischen Sache noch alle Mächtigen,
alle Spötter und die stumpfe Menge wider sich hatten! —
War es nicht ein mutiges Wort, mit dem er an die Verschönerung
Münchens ging: „Ich will aus München eine Stadt machen, daß niemand
Deutschland kennen soll, der München nicht kennt!“
War es nicht ein erhabenes Wort, das er zu Cornelius sprach, als er
ihn vor dem Bilde der Zerstörung Trojas in der Glyptothek mit seinem Orden
schmückte: „Man schlägt den Sieger auf dem Schlachtfeld zum Ritter, Sie
sind hier gleichfalls auf Ihrem Feld der Ehre, ich mache Sie also hier zum
Ritter!“ —
Schon als Knabe hatte er den Plan gefaßt dem erkrankten Schiller ein
Heim auf dem Palatin in Rom zu schaffen. Als Mann und Könng reiste er
1827 nach Weimar, wo er den Geburtstag Goethes mitfeierte und dem Dichter
das Großkreuz seines Hausordens überreichte „um den Orden zu ehren!“
War es nicht echt königlich, wenn er auf einen Kammerbeschluß, der ihm
die Mittel zum Pinakothekbau versagte, mit einer großartigen Spende an die
Armen antwortete, wenn er am Tag nach seiner Abdankung, zu der ihn