Full text: Lesebuch zur Geschichte Bayerns.

468 93. Ludwig I. von Bayern als Erzieher seines Volkes. 
„ C'est qu'il faut une France à la Bavière lc ist der Trostspruch des leitenden 
Staatsmannes beim Scheiden des französischen Gesandten nach Abschluß des 
Rieder Vertrags. Man lese, was die von der Regierung beeinflußte sowie 
die unabhängige bayerische Presse auch nach der Gründung des Deutschen Bundes 
von den Vorteilen sogenannter internationaler Freundschaftsbeziehungen preisend 
sagte! Und dann rufe man sich die stolzen deutschen Worte ins Gedächtnis, 
die bei der Eröffnung der Walhalla, der Befreiungshalle der königliche Bauherr 
sprach; wie er sich glücklich nannte, daß er zu friedlicher Beilegung der Kölner 
Wirren in Preußen beitragen konnte; wie er entzückt die lang ersehnte, endlich 
erreichte Eintracht der deutschen Fürsten feierte! 
Die Wende des germanischen Schicksals! 
Ludwig selbst kennzeichnet sie am glücklichsten, indem er von der „Nacht 
im Frühling seines Lebens“ und dem „lichten Tage seines Herbstes“ spricht. 
Die Heranbildung seiner Bayern zu guten Deutschen preist er als den schönsten 
Lohn seines erzieherischen Waltens; in diesem stolzen Bewußtsein ruft er: „Ich 
hab' vergebens nicht gelebt!““ — — 
Nein, sicherlich nicht vergebens! Von seiner Jugend, da der Pulverdampf 
der Schlacht sein Antlitz schwärzte, bis zum Greisenalter hat er die Pflichten 
eines Fürsten erfüllt. Jeder Tag war eine Tat! 
Und so sind heute nicht nur die Söhne Bayerlands versammelt um den 
großen Toten zu ehren, sondern aus allen Gauen des Reiches kamen Vertreter 
deutscher Kunst und deutscher Arbeit; denn ganz Deutschland trat sein 
Vermächtnis an! « 
Und wie die Erinnerung an ihn als einen Edlen und Großen lebendig 
ist, bezeugt die Botschaft der beiden Städte, deren Verdienste um die Erziehung 
des Menschengeschlechtes ohnegleichen, unerreichbar, unvergänglich sind. 
Es huldigt Rom, das ewige Rom, das Ludwig als seine zweite Heimat 
liebte, wo er zuerst das Gelübde tat ein Schutzherr der Kunst und der Künstler 
zu werden, wo ihn die Kraft und die Herrlichkeit der Antile und des Cinquecento 
zu immer neuem Schaffen begeisterten und stärkten. 
Es huldigt Athen, die Seele Griechenlands, für dessen Größe Ludwig 
wie Winckelmann, wie Goethe das sonnenhafte Auge hatte, dessen Befreiung 
aus Sklavenbanden er glühend wünschte und mutig verlangte, dessen politische 
Wiedergeburt eine seiner schönsten Lebensfreuden war! 
Dein Italien, dein Hellas, dein Deutschland huldigen dir! ... Wir, die 
wir dir aufs tiefste verpflichtet sind, wir wollen dein schönstes Vermächtnis, dein 
Beispiel, hochhalten! Das Vaterland soll uns immer treu, die geistigen Güter der 
Menschheit sollen nie bei uns einen Verächter finden! Wir geloben es freudig und 
voll Vertrauens in die Zukunft. Denn hier ist dein Sohn, hier ist dein Blut, 
hier sind deine Ideale. Scharen wir uns um ihn und unfre Freude, unfre 
Dankbarkeit finde Ausdruck in dem Rufe: 
Gott erhalte und beschirme unser Haus Wittelsbach!
	        
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