608 128. Das Ende der dreitägigen Schlacht bei Beaugency-Cravant.
Ein Befehl des Prinzen Friedrich Karl bestimmte, daß unsere Armee-
abteilung am 10. Ruhetag haben und das bayerische Korps als Besatzung
nach Orléans abrücken sollte. Die Freude hierüber wurde jedoch wieder zu
Wasser. Bei General Chanzy war nämlich Gambetta eingetroffen. Dieser be-
stimmte jenen Armeeführer noch einmal stehen zu bleiben und sogar angriffs-
weise vorzugehen.
Schon früh 7 Uhr, gerade als sieben Kompagnien der 32er (Thüringer,
vom X. preußischen Korps) auf den Sammelplatz der Brigade nach rückwärts
abmarschiert waren, stürmten dichte Massen des Feindes gegen Crigny an. Die
dortigen fünf Kompagnien der 32er wehrten sich wie verzweifelt, allein schließ-
lich erlagen sie der Übermacht und verloren das Dorf. 150 wurden gefangen,
die übrigen schlugen sich mit der blanken Waffe durch, nachdem sie ihre Munition
verschossen. Das war ein schlechter Ruhetag.
Kaum gelangten die Meldungen hiervon nach rückwärts, so machten sich
Preußen und Bayern auf, die Kameraden zu rächen. Letztere stellten, der Auf-
forderung des Generals von Wittich folgend, sofort ihren Abmarsch ein und
kehrten freiwillig ins Gefecht zurück. Die 34. und 44. preußische sowie die 2.
und 4. bayerische Brigade drangen nun vor. An Artillerie kamen aber nur
zwei preußische und vier bayerische Batterien zur Tätigkeit, denn fast alle Ge-
schütze der 22. Division und ein Teil der bayerischen waren durch Ausbrennen
der Zündlöcher unbrauchbar geworden. Für diese reichte auch die noch vor-
handene Bedienungsmannschaft annähernd aus.
So war es also mit der Rückkehr nach Orléans noch nichts! Nur das
schon dorthin abgerückte Leibregiment und die ler beließ man im Marsche.
Wir andern, wir schlugen wieder drein. Bald kamen unsere sämtlichen noch
gefechtsfähigen Batterien angefahren — angetrabt konnte man nicht mehr
sagen, weil die wenigen abgehetzten Skelette von Pferden keinen Trab mehr
zuwege brachten — und bald war wieder der Rummel los wie alle Tage.
Das unerwartete Vorgehen des Feindes am 10. hatte zur Folge, daß
der Befehl, die Bayern sollten am 11. Orleans besetzen, um einen Tag ver-
schoben wurde. Die ganze Armeeabteilung des Großherzogs von Mecklenburg
bereitete sich also in der Nacht vom 10. zum 11. noch einmal zum Kampfe
vor. Uberall bedauerte man, daß es so sein mußte, aber niemand murrte.
Doch heute täuschten wir uns zu unser aller Freude. Die Franzosen, selbst
ihr energischer General Chanzy, hatten nun endlich doch genug. Die erlittenen
Verluste, der mit Riesenschritten zunehmende Verfall jeder Disziplin und Ord-
nung und schließlich das den Rücken der Loirearmee bedrohende Vorgehen des
IX. preußischen Korps und der 6. Kavalleriedivision auf Blois bestimmten
Chanzy noch am Abend des 10. am folgenden Tage den Rückzug auf Vendöme
anzutreten. Damit hatte also die dreitägige Schlacht der zweiten französischen
Loirearmee gegen die Armeeabteilung des Großherzogs bei Beaugency-
Cravant ihr Ende erreicht. Wir konnten uns nicht einen so glänzenden