Full text: Lesebuch zur Geschichte Bayerns.

616 133. Wir bleiben. 
eine kurze Ruhe und will sich schlafen legen, aber plötzlich wird von neuem 
alarmiert, man plaudert mit den Kameraden und zu gleicher Zeit fällt eine 
Granate mitten ins Biwak und reißt zwei Soldaten wörtlich in Stücke. 
Auch die Verpflegung legt den Truppen herbe Entbehrung auf; denn 
das Fleisch ist oft viele Tage lang ferne und die Kartoffeln der umliegenden 
Felder sind zerstört oder aufgebraucht. 
Ein lichter Punkt in all den Mühen, ja fast ein festlicher Moment ist 
es, wenn abends der Bataillonstambour erscheint und die Feldpost unter 
Namensaufruf verteilt wird. Wie viel Freude machen die wenigen Zeilen, 
wie viel Glück umschließt oft ein kurzer Gruß! Das ganze liebe Bild der 
Heimat steht auf einem zerknitterten Blatt vor uns. Und wenn nun vollends 
ein Zeitungsblatt kommt, — ein Brief für alle, — das ist ein Luxus, ein 
Leckerbissen der wertvollsten Art. Auch hier fehlt es nicht an reizenden 
Szenen; so erhielt, um nur ein Beispiel anzuführen, ein junger Gelehrter, 
der als Landwehrmann im Felde stand, als er kaum aus dem Treffen kam, 
eine Nummer der Zeitung, in welcher sein jüngstes Werk auf das rühm- 
lichste besprochen ward. Dieser Mann ist gemeiner Soldat im deutschen 
eere! 
133. Wir bleiben. 
Von Abdolf Erhard.) 
Auf den 4. Januar 1871 war die Eröffnung des Feuers für die Batterien 
des Südangriffes vor Paris befohlen worden, doch des dichten Nebels 
wegen konnte man weder ein feindliches Fort noch eine Batterie des Gegners 
erkennen. Man mußte also warten. Der Befehl vom 4. kam tags darauf 
zum Vollzug. Um 9 Uhr früh begann die deutsche Batterie Nr. 17, erbaut 
und besetzt von der 2. Fußbatterie „Limprun“ des 1. bayerischen Artillerie- 
Regiments „Prinz Luitpold“, das Feuer, welches völlig erst in der Nacht vom 
26. zum 27. Januar enden sollte. 
In diese Batterie kam am 8. Januar 1871 abends die Ablösung unter 
Kommando des Oberleutnants Karl Landmann, wegen des hohen Kranken- 
standes zur Hälfte aus preußischen und bayerischen Kanonieren zusammengesetzt. 
Mit Rücksicht auf die ungewöhnlich starken Verluste, welche die Batterie erlitten, 
und darauf, daß sie ihre Aufgabe die feindlichen Geschütze in und bei Issy 
niederzukämpfen vollständig erfüllt hatte, gab Hauptmann Ritter von Limprun 
dem ablösenden Oberleutnant im Einvernehmen mit dem Stabsoffizier vom 
Tage den Auftrag, falls die Herstellung der Schulterwehr zur Deckung gegen 
Flankenfeuer nicht gelingen sollte, die Batterie zu räumen. 
Obschon nun diese für längeres Besetzthalten gestellten Bedingungen 
mangels genügender Arbeitskräfte nicht erfüllt werden konnten, wollte Ober- 
„Bayerische Einzeltaten und Gefechtsbilder“. Nr. 30, S. 85.
	        
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