Full text: Lesebuch zur Geschichte Bayerns.

628 137. Einzug der bayerischen Truppen in München. 
Herren mit huldvollen Ansprachen auszeichnete; dann wurde im genannten 
Saale an langen Tafeln zu Füßen der Gemälde Platz genommen, welche die 
Kriegstaten während der Feldzüge im Beginn des Jahrhunderts verherrlichen. 
Ruhmvolle Siege hatten die Ahnen erkämpft, die Enkel hatten sie übertroffen! 
Nicht in gemessener Etikette schmausten die Kriegshelden, nicht nach dem Rang 
geordnet saßen die Reihen, sondern wie der Zufall den Kameraden zum Kame- 
raden gesellte, und vor der freien Weise des Feldlagers flüchtete der fesselnde 
Zwang der Hofluft. Sinnend ließ die Majestät wiederholt das ernste, vom 
Schatten der Schwermut angehauchte Auge, über die glänzende Versammlung 
schweifen, dann erhob er sich und trank auf das Wohl seiner treuen, tapferen 
Armee — und zum Kronprinzen sich wendend — auf das ihres erlauchten 
ruhmgekrönten Führers. Ehrfurchtsvoll lauschten die Offiziere dem nicht laut 
gesprochenen, aber deutlich im weiten Raume vernehmbaren Toaste ihres Aller- 
höchsten Kriegsherrn, worauf der Kronprinz mit hellen, gleich Trompeten- 
fanfaren klingenden Worten erwiderte, indem er anführte, wie vor Jahresfrist 
Frankreich Preußen zum Kriege herausgefordert habe, wie nur die Bundestreue 
unseres Königs und seine rasche nationale Tat einen so glänzenden Beginn 
und Ausgang des Krieges ermöglichte, wie das dem Bayernkönig nie vergessen 
sei und wie dereinstens die Geschichte ihn deshalb hoch feiern werde für alle 
Zeit. Zum Schlusse forderte er die Waffengenossen auf, einzustimmen in das 
Hoch auf Seine Majestät den König! Zündend wirkten diese von lohender 
Begeisterung getragenen Worte unseres gefeierten Feldherrn, brausende Hoch- 
rufe folgten seinen Worten und majestätisch erklang die Königshymne. 
Bald nach Aufhebung der Tafel, um 7 Uhr, begann die Festvorstellung 
im prachtvoll beleuchteten Hoftheater, das mit glänzenden Uniformen gefüllt 
war. Als der König mit dem Kronprinzen, der Königin-Mutter und dem 
Prinzen Otto die königliche Loge betrat, empfing das ganze Haus die Allerhöchsten 
Herrschaften mit donnernden Hochrufen, worauf der Kronprinz an die Brüstung 
trat um sich zu bedanken. Auf das fortdauernde Rufen trat auch der König 
hervor und verneigte sich freundlich lächelnd nach allen Seiten. Nach Webers 
Jubelouverture sprach Hofschauspieler Possart einen weihevollen Prolog. Der- 
selbe feierte den Heldenführer der III. Armee, dem bei den Worten: „Heil 
Friedrich Wilhelm, Deutschlands erstem Ritter!“ alle Anwesenden zujubelten. 
Noch höhere Begeisterung entflammte der Schluß des Prologes, der dem 
Freundesbunde Ludwigs und Friedrich Wilhelms galt, in ihre Hände lege 
Jungdeutschland vertrauensvoll sein ferneres Geschick. Beide Fürsten erhoben 
sich hierbei Hand in Hand und erweckten damit neuen stürmischen Jubel. Mit 
dem Festspiel Paul Heyses: „Der Friede“ endete die Feier. 
Als wir das Theater verließen, traten wir in ein strahlendes Lichtmeer 
hinaus; die Stadt hatte beleuchtet, Straßen und Pläte boten einen märchen- 
haften Anblick und eine ungeheuere Menschenmenge wogte hin und her. Die 
freudige Feststimmung steigerte sich auf das höchste, als der König mit dem
	        
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