Full text: Lesebuch zur Geschichte Bayerns.

648 142. Unser Prinzregent Luitpold. 
erhabene Szenen eines großen Krieges sah er und dann wieder als froh- 
gemuter Jäger 
„Felsenhörner, verklärt im goldnen Strahl, 
Und dämmernd mitten inne das grünste Alpental 
Seine Kindheit war ein Idyll. Über die deutschen Schlachtfelder schritt 
wieder der Säemann, einer lohnenden Ernte gewiß. Des Neugeborenen Groß- 
vater, König Max Joseph, durfte nun ganz und voll das sein, wozu ihn sein 
heiteres und gütiges Gemüt bestimmte: ein Friedensfürst, ein väterlicher Freund 
seines Volkes. Daß der drittgeborene Sohn des Kronprinzen in der Taufe 
den echt deutschen Namen Luitpold erhielt, war wohl nicht allein dem Stamm- 
vater des Hauses, dem tapferen Ungarnbesieger zu Ehren, es entsprach so 
ganz Ludwigs nationaler Gesinnung. Wie entschieden dieser königliche Patriot 
auf deutsche Erziehung in seiner Familie drang, beweist die bekannte Stelle 
in den Verhaltungsmaßregeln, die er dem Lehrer seines Erstgeborenen, dem 
Schottenpriester Mac Iver, erteilte: „Teutsch soll mein Sohn werden, ein 
Bayer, aber teutsch vorzüglich, nie Bayer zum Nachteil der Teutschen!“ Den 
Erzieher Luitpolds, von Hohenhausen, ermahnt der König, daß er den Prinzen 
unermüdlich ansporne sich durch eigenen Wert seines bevorzugten Standes 
würdig zu erweisen. Eine tüchtige Erziehung traf mit glücklicher Veranlagung 
zusammen. Auch unsere Tugenden bedürfen einer Schule. Dank dieser ist 
unser Fürst bei tiefer Religiosität nicht unduldsam, immer wohltätig und doch 
kein Verschwender, für die schönen Künste begeistert und doch ein Mann von 
common sense, von vollem Verständnis für die Bedingungen und Schranken 
der realen Welt. 
Auf körperliche Kräftigung und Abhärtung des Prinzen wurde großer 
Wert gelegt, der Jüngling in allen den Künsten unterrichtet, welche die 
Muskeln stählen, die Sinne schärfen, und indem sie uns gewandt, beweglich, 
selbstsicher machen, unsere Willens= und Tatkraft steigern. Gewiß wird der 
Fürst im Wohlgefühle seiner fast jugendlichen Rüstigkeit seines Lehrers, des 
Turnvaters Maßmann, dankbar gedenken. Ein unermüdlicher Tänzer, vor- 
züglicher Fechter, schneidiger Reiter, unübertroffener Schütze und Bergsteiger 
— so wird uns der Jüngling, von denen, die ihm näher standen, geschildert. 
Wie er als Sohn, was er den Seinen war, erfahren wir aus einem Gedicht, 
das ihm König Ludwig zum 12. März 1843 widmete: 
„Zweiundzwanzig Jahre schon sind Dir geworden, doch niemals 
Hast Du die Eltern gekränkt, Freude bereitend allein!“ 
Eine Fürstenerziehung nach edelsten Grundsätzen ließ König Ludwig 
seinem Liebling angedeihen. „Luitpold soll alle erforderlichen Kenntnisse er- 
werben“, schrieb der König 1838 an seinen Sohn Otto, „denn sollte er einst- 
mals auf den Thron gelangen (mein Vater und Du waren auch Nachgeborene), 
soll er wohl vorbereitet sein!“ Ein prophetisches Wort, ein gutes Wort! 
Bereit sein“ ist alles.
	        
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