142. Unser Prinzregent Luitpold. 651
Feitsfeier. Unter einem Porträt aus ihrer Brautzeit hing ein Bild der hohen
Frau aus den letzten Tagen mit einer Widmung ihrer Hand: „Wenn auch im
Außern verändert, so doch im Herzen die alte
Zwei Wochen später tat auch dieses edle Herz den letzten Schlag
Den noch immer Tiefgebeugten rief im Jahre 1866 das Vaterland.
Wieder einmal — heute dürfen wir getrost sagen ein letztes Mal — kämpften
Deutsche gegen Deutsche. An Stelle des gefallenen Generals Zoller mit dem
Kommando über die 3. Division des bayerischen Heeres betraut, kam der Prinz
bei Helmstadt zum ersten Male ins Gefecht, sein Altester, Prinz Ludwig, war sein
Ordonnanzoffizier. Vater und Sohn zeichneten sich durch persönlichen Mut aus,
tapfer bewiesen sich auch die Truppen, doch der Gegner war besser geschult und
besser gerüstet. Das Treffen ging verloren, nicht aber die bayerische Waffenehre.
Und der Tag brach an, da die deutschen Stämme ihre Kraft, ihr Recht
und Heil erkannten:
„Wir sind eines Herzens, eines Bluts!
Wir sind ein Volk und einig wollen wir auch handeln!“
Die dämonische Natur König Ludwigs II. hatte manches mit der Art
Heinrichs des Löwen gemein. Daß er trotzdem bei der Kriegserklärung
Preußens an Frankreich nicht den trotzigen Herzog, sondern seinen reichstreuen
Ahn, den Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach, sich zum Beispiel nahm, ist die
Glorie seines Lebens. Und unvergessen bleibt auch die große politische Tat
der bayerischen Reichsräte, daß sie — Prinz Luitpold an der Spitze — ein-
mütig und einstimmig die Mittel zur Kriegführung bewilligten!
Doch jene herzerhebenden Tage forderten vom Prinzen ein schweres
Opfer. Er sollie als der vertrauenswürdigste Mann seinen königlichen Neffen
im Hauptquartier vertreten. Also darauf verzichten die Landessöhne gegen
den nach deutschem Boden lüsternen Feind zu führen, durch sein Beispiel sie
anzufeuern, Wagnisse und Gefahren mit ihnen zu teilen, vereint mit ihnen in
diesem heiligen Krieg zu siegen oder ruhmwoll unterzugehen — auf alle diese
flammenden Wünsche und Gelübde eines Braven verzichten? In den Ge-
fahren der Bergjagd
„auf schwindlichtem Weg,
auf Feldern von Eis“
hatte er sich für körperliche Anstrengungen und Leiden abgehärtet, hundertmal
den coup d'’oeil, Entschlossenheit und Geistesgegenwart erprobt. Und der
Ruhm seines Geschlechts und seines Bayerlandes ging ihm über alles.
Und nun sollte er, den Säbel in der Scheide, nur kritischer Zeuge und
Zuschauer sein? Wir können ihm nachempfinden, wie schwer ihm der Ge-
horsam gegen seinen König fiel. Heute ist nicht nur Bayern, sondern ganz
Deutschland König Ludwig für seine weise Wahl verpflichtet. Erst durch
Moritz Buschs Tagebuch ward es bekannt, was für einen wichtigen Dienst
Prinz Luitpold in seiner damaligen Stellung der deutschen Sache geleistet