14. Die Ahnherrn des Wittelsbacher Fürstengeschlechts. 55
Unter diesem Namen tritt das Geschlecht von nun ab in die deutsche
Geschichte ein, die damals — die Weltgeschichte war. Fast zweihundert Jahre
waren seitdem vergangen, zwei große Kaiserdynastien, die Sachsen und die
Salier, waren ins Grab gesunken und in Friedrich Barbarossa hatte eben eine
dritte, die der Staufen, ihren Höhepunkt erreicht. Die Zeit war reich an Streit
und Leidenschaft; der Gegensatz zwischen Deutschland und Welschland, zwischen
Reich und Rom erfüllte alle Gemüter, es gab in diesen Fragen nur Liebe und
Haß, nur Freund und Feind.
Da tritt uns aus dieser sturmbewegten Zeit die Gestalt des Pfalz-
grafen Otto von Wittelsbach entgegen — eine Säule im Bau des
Reiches; er ist der große Markstein in der Geschichte Bayerns. Feurige Kühn-
heit und weise Besonnenheit waren in seinem Sinne seltsam gepaart; als Krieger
wie als Staatsmann war er gleich stark und mit schrankenloser Treue hing
er an dem Kaiser, der aus seinem Herrn sein Freund geworden.
Die größte Tat seines Lebens aber, die stets in den Annalen der
Geschichte prangen wird, das ist sein Heldenwerk in der Veroneserklause.
Es war im Herbst 1155, Barbarossa war auf der Heimkehr von Italien, wohin
ihn der Pfalzgraf von Wittelsbach als Bannerträger des Reiches begleitet hatte,
als ihm die Tücke der Welschen noch an der Heimatschwelle Verderben sann.
Der Weg geht durch schmale Felsenpässe, senkrecht steigen die steinernen Wände
empor, unten drängt sich der flutende Strom, so daß dem Heere kaum eine
schmale Straße bleibt. Dort zog das Kriegsvolk des Kaisers, als man mit
einemmal auf allen Höhen Gewappnete gewahrte, die den Durchzug versperrten.
Unerbittlich, aber auch unerfüllbar waren die Bedingungen, die sie stellten;
denn sämtliche Ritter sollten ihnen Pferd und Harnisch überliefern und über-
dies ein hohes Lösegeld entrichten; dann mochten sie nach Hause ziehen ohne
Ehre, ohne Habe, ohne Wehr. Es war unmöglich dies anzunehmen und
doch nicht minder unmöglich schien ein Entrinnen — da ward in dieser Stunde
höchster Gefahr der Pfalzgraf Otto von Wittelsbach zum Retter. Seinem
Mute war auch das Schwerste nicht zu schwer; in seinem Gefolge standen die
bergkühnen Söhne des bayerischen Hochlandes und zwischen den Felswänden
emporklimmend, einer auf des anderen Schulter gestützt, erkletterten sie die
Höhen und fielen mit Jubelruf den Welschen in den Rücken, daß nicht ein
einziger derselben entkam. Die Ehre des Kaisers, die Ehre Deutschlands war
gerettet und diese Tat vor allem war es, die Barbarossa nie vergaß, die er belohnen
wollte, als er nach der Empörung Heinrichs des Löwen die bayerische Herzogs-
würde an Otto von Wittelsbach verlieh. So steht eine Tat voll kühner Treue
an der Wiege des Wittelsbachischen Geschlechtes, die Wiege seiner Macht aber
steht in den Felsen der Veroneserklause.
Am 16. September 1180 erfolgte in Altenburg die feierliche Belehnung
Ottos mit Bayern.