Full text: Lesebuch zur Geschichte Bayerns.

64 16. Der Bamberger Dom. 
Gesimse des Sockels und des Pultdaches und gliedern die lange Wand in 
Felder. 
Der Bau ordnet sich also deutlich und übersichtlich; nirgends ist ver- 
deckendes Scheinwerk, überwuchernder oder irreführender Schmuck. Kraftvoll 
in stolzer Einfachheit hebt sich der Hauptraum, die zwei hohen, sich durch- 
schneidenden Hallen; wohltuend ordnen sich die Seitenhallen unter. Das 
überall waltende strenge Ebenmaß, das weithin schon die paarweise ange- 
ordneten Türme verkündeten, läßt uns sogar ergänzen, was dem lberblick nicht 
ofsen daliegt. Da nämlich ein Mittelschiff auf der Seite, wo es von einem 
Querschiff durchschnitten wird, in einen Altarraum endigen muß, so haben wir 
hier, der Apsis zwischen den zwei Osttürmen entsprechend, auch eine zwischen 
den zwei Westtürmen zu vermuten. Der romanische Stil in Deutschland liebt 
doppelchörige Kirchen. Er verzichtet allerdings damit auf einen großen Vor- 
teil, nämlich auf ein Mittelportal an einer Schmalseite, von wo aus der Ein- 
tretende sofort den ganzen Innenraum überschaut. Frei könnte alsdann das 
Auge die Haupthalle und die Decke entlang wandern, gegenüber an der Apsis 
ruhen und seitlich durch die Arkaden in die Nebenschiffe schweifen. Unser Dom 
gestattet uns keinen so raschen und einheitlichen ÜUberblick. Die Ostseite hat nur 
Türen im Untergeschoß der Türme, links die Adamspforte, rechts die Gnaden- 
pforte; jede führt zunächst in ein Seitenschiff, ebenso nördlich an der Langseite 
das Fürstenportal, an der Giebelseite des Querschiffes das Veitstor. Wir 
durchschreiten das Seitenschiff und wenden uns gegen die Mitte des Haupt- 
schiffes, wo der hohe Sarkophag des Stifterpaares Heinrich und Kunigunde 
steht, ein figurenreiches Meisterwerk Riemenschneiders aus Solnhofer 
Kalkstein. Dieser Standort ermöglicht uns eine gleichmäßige Umschau. 
Die Höhe ist nicht mit einer flachen Holzdecke geschlossen, wie es im 
11. Jahrhundert, zur Zeit des Stifters, noch üblich war; man hat, wohl durch 
die wiederholten Brände gewarnt, eine Wölbung mit Stein durchgeführt und 
zwar offenbart sich bereits ein neues Kunstgesetz: den Halbkreisbogen verdrängte 
der Spitzbogen. Schon die starken Pfeiler, die das Mittelschiff von den 
Seitenschiffen trennen und die hohen Wände tragen, sind mit Spitzbögen zu 
Arkaden verbunden. Wohl sucht über den Arkaden ein wagrechtes Gesims 
noch wie in alter Zeit unseren Blick zur Altarnische zu lenken; aber vom 
Pfeilergrund laufen vorgelegte Pilaster als kräftige Streifen aufwärts, durch- 
brechen die horizontale Linie, setzen sich bis zum Gewölbe fort und vereinigen 
sich mit den entsprechenden Streifen der gegenüberstehenden Pfeiler zu spitz- 
bogigen Gewölbegurten. Doch nicht von allen Pfeilern der Arkadenreihe führen 
Tragbänder empor; nur jedes zweite Pfeilerpaar bildet ein solches Joch. Auch 
seitlich schwingt sich in der Höhe des Gewölbeansatzes von Jochpfeiler zu Joch- 
pfeiler ein schmaler Längsgurt und schließt die Wand über den rundbogigen 
Fenstern spitzbogig ab. Durch die Haupt= und Seitengurte ist nun das Ge- 
wölbe in gleiche Felder mit quadratischem Grundriß geteilt; von Eck zu Eck
	        
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