Full text: Lesebuch zur Geschichte Bayerns.

18. Bayerische Stammesangehörige als Vertreter des mittelalterlichen Chronistenstils. 79 
hett man aufgelegt ain guldeins tuch und ain seideins küß. in dem ersten 
stand ), do man herauf get bei dem sagran, do stund der küng, nach im 
herzog Albrecht, darnach ain herzog von Braunsweig, darnach ain landgraf 
von Hessen, darnach bischof Sixt, darnach über zwen ständ ?) des türkischen 
kaisers bruder.') do man das ewangelium gelesen hett, gieng der bischof 
hinauf und nam das puch von des küngs caplan und credenzt das mit ainem 
roten seyden tüchlein und gab das dem küng alain zu küssen. also tet er auch 
mit dem agnus, nam er di paten mit der credenz und gab das dem küng zu 
küssen. do das gotlich ambt volbracht ward, gieng der küng auf gen sand 
Sigmund und darnach in di burk. er schiket etlichs volk gen Augspurk. do 
nun der bischof all fürsten und ir volk wol gespeist hett, rait der küng mit 
den fürsten obgenant auf gen München. der bischof gab im das gelait, so 
weit sein land weret. 
Zu München ward der küng gar frolich von seiner sbesteren empfangen. 
man machet im zu lieb di selb nacht ainen tanz. er tanzet zwir") mit seiner sbester. 
d) Johannes Turmair, genannt Aventinus.5) 
Beschreibung des Baierlands in der gemein auf das kürzest. 
Das ganz land in der gemain ist vasts) fruchtpar, reich an salz traid 
viech vischen holz waid wildprät und kurz alles, so zu der schnabelwaid?) dient, 
ist allda übrigs genueg. Viech salz traid wird in ander lant getriben, gefüert 
und verkauft. Wein pringt man aus andern landen auf land und wasser, 
nemlich ab dem Rein, Neckar, auß dem Elsaß, welschen landen, Chrain, Hister- 
reichs), Veltliner tal, Tramin, Franken und Osterreich. Und, als das gemain 
geruech, niendert lebt und ligt man paß.') Der lengst tag ist über sechzehen 
stund, der kürzest bei acht stunden lang. Oster= u. westerwind, den man ober 
und nider nent, wäen dick 10) und oft und gegen denen pflegt man nit zu 
pauen; der oberwind pringt gern regen und ungewitter, der ander schoen und 
staet wetter. 
Beschreibung der sitten des lands auf das kürzest und in der gemain. 
Das baierisch volk (gemainlich davon zu reden) ist geistlich, schlecht und 
gerecht, gét, läuft gern kirchferten 11), hat auch vil kirchfart; legt sich mer auf 
1) Kirchenstuhl. — 5 d. h. zwei Kirchenstühle hinterhalb. — ") Prinz Dschem, 
Bruder des türkischen Sultans Bajazeth, der von den Johannitern gefangen und von 
dem König von Frankreich an König Maximilian als Gefangener ausgeliefert worden 
war. — 0 zweimal. 
P) „Sämtliche Werke“, auf Veranlassung Sr. Majestät des Königs von Bayern 
herausgegeben von der Kgl. Akademie der Wissenschaften, IV. Band, bayerische Chronik, 
herausgegeben von Matthias Lexer, München 1883, S. 41 ff. 
5 sehr, oft. — *) Speise. — 5) Istrien. — 0) wohnt man besser. — 1) wehen häufig. 
11) Wallfahrten.
	        
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