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Nach § 8 der Geschäftsordnung durften Mitglieder,
deren Wahl beanstandet war, in Beziehung auf ihre Wahl alle
ihnen nötig erscheinenden Aufklärungen geben. In einem
Falle stellte sogar ein Mitglied bei Prüfung der eigenen Wahl
einen Antrag1). An der Abstimmung über die eigene Wahl
durfte der Abgeordnete jedoch nicht teilnehmen. In neuerer
Zeit wurode es aber Sitte, daß das betreffende Mitglied eine
Abstimmungskarte mit der Aufschrift „enthalte mich“ oder
„entbält sich der Abstimmung“ abgabs). Dies geschah, damit
dem betreffenden Abgeordneten wegen Nichtteilnahme an der
Abstimmung nicht die Aufwandsentschädigung für den Tag
abgezogen wurde.
Im Plenum konnte das Beweisthema noch eine Erwei-
terung dadurch erfahren, daß Nova vorgebracht wurden.
Auch auf Erweiterung der Beweismittel konnten Anträge
gestellt werden. Unter solchen Umständen konnte Rückver-
weisung des Kommissionsberichtes erfolgens).
Bei seinen Entscheidungen war das Plenum in keiner
Weise an die Entscheidungen der Kommission gebunden, da
diese ja nicht res judicata schaffen konnte, dagegen hatte bei
Rückverweisung die Kommission die Grundsätze des Plenums
zu beobachten. War ein Antrag auf Aussetzung der Beschluß-
fassung und Vornahme von Beweiserhebungen gestellt, so
hatte das Plenum hierüber zuerst abzustimmen?.
Wurde ein derartiger Antrag nicht gestellt, oder wurde
er abgelehnt, so wurde die Frage nach der Gültigkeit oder Un-
gültigkeit gestellt. Wie v. Seydels) angibt, geschah dies, wenn
auch der Antrag der Wahlprüfungskommission auf Ungültig-
keitserklärung gestellt war, im Plenum nach alter Praxis durch
einen auf Gültigkeitserklärung, also in positiver Form ge-
1) Sten. Ber. 1890—1892 Bd. II S. 774ff.
2) Sten. Ber. 1905—06, S. 3690.
3) Vergl. Hatschek S. 545.
4) Val. Leser S. 76.
5) Reichstag S. 396. 4