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e) Veröffentlichungen über Truppenbewegungen und Verteidigungsmittel sind verboten. Plakate, Zeitungen und
andere Schriften dürfen nur dann gedruckt, öffentlich verkauft oder sonst verbreitet werden, nachdem die Orts-
polizeibehörde die Erlaubnis dazu erteilt hat.
f)sDie §8 2, 5 bis 8, 9 Absatz 1, 13 und 15 des Reichsvereinsgesetzes vom 19. April 1908 werden für die Dauer
des Kriegszustandes durch folgende Vorschriften ersetzt:
1. Vereine, deren Zweck oder Tätigkeit den Strafgesetzen oder den Interessen der Kriegsführung zuwider läuft,
können für die Dauer des Kriegszustandes aufgelöst werden. Die Auflösungsverfügung ist nicht anfechtbar.
2. Wer eine Versammlung in einem geschlossenen Raume oder unter freiem Himmel oder einen Aufzug auf öffent-
lichen Straßen und Plätzen veranstalten will, hat hierzu mindestens 48 Stunden vor dem Beginn der Ver-
anstaltung unter Angabe des Orts und der Zeit die Genehmigung der Polizeibehörde einzuholen. Die
Genehmigung kann ohne Angabe von Gründen versagt werden. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
3. Die Polizeibehörde ist berechtigt, in jede Versammlung Beauftragte zu entsenden, die sich unter Kundgebung
ihrer Eigenschaft dem Leiter oder, solange dieser nicht bestellt ist, dem Veranstalter der Versammlung zu erkennen
geben müssen. Den Beauftragten muß ein angemessener Platz eingeräumt werden.
4. Die Beaustragten der Polizeibehörde sind außer in den Fällen des § 14 Reichsvereinsgesetz befugt, unter
Angabe des Grundes die Versammlung für aufgelöst zu erklären, wenn der Inhalt der Reden, Anträge,
Gesänge oder Vorführungen den Interessen der Kriegsführung zuwiderläuft. Die Auflösungserklärung ist nicht
anfechtbar.
5. Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschriften werden nach § 9b des Gesetzes für den Belagerungszustand mit
Gefängnis bis zu 1 Jahre bestraft, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe bestimmen.
g) Die Verwendung der bewaffneten Macht zur Unterdrückung etwa vorkommender Aufruhrversuche erfolgt nach
meinen Befehlen.
h) Wegen der Verpflichtung der Gemeinde zum Ersatz des bei öffentlichen Aufläufen verursachten Schadens verweise
ich auf das Gesetz vom 11. März 1850 (Gesetzsammlung Seite 199).
i) Der Betrieb der bürgerlichen Geschäfte, der königlichen und Privatarbeiten, des Handels und der Gewerbe wird
durch den Kriegszustand nicht weiter beschränkt.
Auch werde ich die gesetzlich bestehenden Behörden bei Ausführung der von ihnen zu treffenden Maßregeln,
insofern sie mit den vorstehenden Bestimmungen vereinbar sind, gern kräftigst unterstützen.
Magdeburg, den 31. Juli 1914.
Der Kommandierende General.
4.
Bekanntmachung.
Folgende Strafbestimmungen der §§ 8 und 9 des preußischen Gesetzes über den Belagerungszustand vom 4. Juni 1851,
welches auch für den Kriegszustand im ganzen Bezirk des IV. Armeekorps einschl. der nicht-preußischen Gebietsteile gilt, werden
zur öffentlichen Kenntnis gebracht:
88.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung, der vorsätzlichen Ver-
ursachung einer Uberschwemmung, oder des Angriffs oder des Widerstandes gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete
der Zivil= oder Militärbehörde in offener Gewalt und mit Waffen oder gefährlichem Werkzeuge versehen sich schuldig macht,
wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann statt der Todesstrafe auf zehn= bis zwanzigjährige Zuchthausstrafe
erkannt werden.
89.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung oder angeblichen Siege der Feinde oder Aufrührer wissentlich
falsche Gerüchte ausstreut oder verbreitet, welche geeignet sind, die Zivil- und Militärbehörden hinsichtlich ihrer
Maßregeln irrezuführen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes oder während desselben vom Militärbefehlshaber im Interesse der
öffentlichen Sicherheit erlassenes Verbot übertritt, oder zu solcher Übertretung auffordert oder anreizt, oder