$ 16 Das Budgetrecht. I. Das Haushalts-Etats-Gesetz. 431
selbst besteht aus zwei Hauptabteilungen, Ausgaben und Einnahmen. Der
Ausgaben-Etat zerfällt in zwei Teile, ‚Fortdauernde Ausgaben“ und ,‚Ein-
malige Ausgaben‘; bei den letzteren werden diejenigen des ..ordentlichen‘“
Etats, welche aus den regulären Einnahmen des Reichs gedeckt werden,
unterschieden von denjenigen des ‚„ausserordentlichen‘ Etats. welche aus den
Beständen des Finanzvermögens oder aus den Erträgen der Reichsanleihen
gedeckt werden !). Die Ausgaben sind nach den Zentralverwaltungsbehörlden,
die Einnahmen nach den Einnahmequellen gruppiert und nach Kapiteln und
Titeln zusammengefasst. Der Einnahme-Etat ist ein sogen. Netto-Etat,
d. bh, die Einnahmen werden mit demjenigen Betrage angesetzt, welcher
der Reichskasse nach Abzug der Kosten und der den Einzelstaaten zu ge-
währenden Anteile als reiner Ueberschuss verbleibt. Ebenso werden die
Matrikularbeiträge mit dem auf jeden Staat entfallenden Nettobetrag auf-
geführt.
Eine eigentümliche Gestalt hat der Militär-Etat. Hinsichtlich
Bayerns komnit die Bestimmung des Vertrages vom 23. Nov. 1870 III
$ 5 Ziff. Il zur Anwendung, wonach der Geldbetrag, welcher für das Bav-
rische Kontingent zu verwenden ist, im Reichsbudget in einer Summe
ausgeworfen wird, während die Aufstellung der Spezial-Etats Bayern überlas-
sen bleibt. Für die Berechnung der auf Bayern entfallenden Gesamtsumme
sind zu berücksichtigen die fortdauernden Ausgaben für das Reichsheer, die
einmaligen Ausgaben des ‚ordentlichen Etats“ für das Reichsheer und die
Ausgaben des allgemeinen Militär-Pensionsfonds. Für die übrigen Kon-
tingente steht die Aufstellung der Spezial-Etats dem Reiche zu und zwar wer-
den für die drei Staaten mit eigener Militärverwaltung (Preussen, Sachsen,
Württemberg) die Ausgaben bei den einzelnen Titeln in Parallel-Kolonnen
aufgeführt.
Eine besondere Beilage zum Reichshaushalts-Etat bildet der Besoldungs-
und Pensions-Etat des Reichsbank-Direktoriums. Derselbe wird zwar im
Wege der Reichsgesetzgebung festgestellt, die Ausgaben erfolgen aber aus
den Mitteln der Reichsbank. Der gleiche Grundsatz gilt für den Besoldungs-
und Pensionsetat des Direktoriuns der Reichsversicherungsanstalt für Ange-
stellte. Ges. v. 20. Dez. 1911 $ 102.
. Für die Schutzgebiete wird nach dem Gesetz v. 30. März 1892 (RGBl.
S. 369) ein besonderes Etatsgesetz erlassen.
4. Die Bewilligung von Ausgaben. Art. 71 der RV. stellt
zwar ganz allgemein die Regel auf, dass die gemeinschaftlichen Ausgaben
alljährlich bewilligt werden, aber er normiert die wichtige Frage nicht, .inwie-
weit die Bewilligung von Ausgaben res merae voluntatis und wie weit sie
staatsrechtliche Pflicht des Reichstages sei. Hält man den obersten Grund-
satz des konstitutionellen Staatsrechts fest, dass das bestehende Recht und
die rechtlich begründeten Institutionen des Staates nur unter Uebereinstim-
1) Die Bewilligung einer Ausgabe im „ausserordentlichen“ Etat hat daher staat::-
rechtlich die Bedeutung, dass die Ausgabe zwar gemacht werden soll, aberohnedass
die Matrikularbeiträge der Einzelstaaten dadureh erhöht werden.