Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band I. Deutsches Reichsstaatsrecht. (1)

448 Anhang: I. Verfassung des Deutschen Reiches. 
Verfassung des Deutschen Reichs. 
Seine Majestät der König von Preußen im Namen des Norddeutschen Bundes, Seine 
Majestät der König von Bayern, Seine Majestät der König von Württemberg, Seine König- 
liche Hoheit der Grossherzog von Baden und Seine Königliche Hoheit der Grossherzog von 
Ilessen und bei Rhein für die südlich vom Main belegenen Teile des Grossherzogtums Hessen, 
schliessen einen ewigen Bund zum Schutze des Bundesgebietes und des innerhalb desselben 
gültigen Rechtes, sowie zur Pflege der Wohlfahrt des Deutschen Volkes. Dieser Bund wird 
den Namen Deutsches Reich führen und wird nachstehende 
Verfassung 
haben. 
I. Bundesgebiet. 
Artikelll. 
Das Bundesgebiet besteht aus den Staaten Preussen mit Lauenburg, Bayern, Sachsen, 
Württemberg, Baden, Hessen, Mecklenburg-Schwerin, Sachsen-Weimar, Mecklenburg- 
Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Ko- 
burg-Gotha, Anhalt, Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen, Waldeck, 
Reuss älterer Linie, Reuss jüngerer Linie, Schaumburg-Lippe, Lippe, Lübeck, Bremen und 
Hanıburg. 
[Das Reichsgebiet ist erweitert worden durch die Einverleibung von Elsass-Loth- 
ringen durch das Reichsges. v. 9. Juni 1871 (RGBl. S. 212) und von Helgoland durch 
«das Reichsges. vom 15. Dezemb. 1890 $ 1 (RGBl. S. 207). welches gestattete, dass die 
Insel dem preuss. Staat einverleibt werde. Dies ist geschehen durch das preuss. Ges. 
v. 18. Febr. 1891 (Ges.-Samnıl. S. 11).] 
II. Reichsgesetzgebung. 
Artikel 2. 
Innerhalb dieses Bundesgebietes übt das Reich das Recht der Gesetzgebung nach Mass- 
gabe des Inhalts dieser Verfassung und mit der Wirkung aus, dass die Reichsgesetze den 
J.andesgesetzen vorgehen. Die Reichsgesetze erhalten ihre verbindliche Kraft durch ihre Ver- 
kündigung von Reichswegen, welche vermittelst eines Reichsgesetzblattes geschieht. Sofern 
nicht in dem publizierten Gesetze ein anderer Anfangstermin seiner verbindlichen Kraft be- 
stimmt ist, beginnt die letztere mit dem vierzehnten Tage nach dem Ablauf desjenigen Tages, 
an welchem das betreffende Stück des Reichsgesetzblattes in Berlin ausgegeben worden ist. 
Artikel 3. 
Für ganz Deutschland besteht ein gemeinsames Indigenat mit der Wirkung, dass der 
Angehörige (Untertan, Staatsbürger) eines jeden Bundesstaates in jedem anderen Bundes- 
staate als Inländer zu behandeln und demgemäß zum festen Wohnsitz, zum Gewerbebetriebe, 
zu öffentlichen Aemtern, zur Erwerbung von Grundstücken, zur Erlangung des Staatsbürger- 
rechtes und zun. Genusse aller sonstigen bürgerlichen Rechte unter denselben Voraussetzun- 
gen wie der Einheimische zuzulassen, auch in Betreff der Rechtsverfolgung und des Rechts- 
schutzes demselben gleich zu behandeln ist. 
Kein Deutscher darf in der Ausübung dieser Befugnis durch die Obrigkeit seiner Heimat 
oder durch die Obrigkeit eines anderen Bundesstaates beschränkt werden. 
Diejenigen Bestimmungen, welche die Armenversorgung und die Aufnahme in den 
lokalen Gemeindeverband betreffen, werden durch den im ersten Absatz ausgesprochenen 
Grundsatz nicht berührt.
	        
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