366 8 39. Begriff und System der Reichsbehörden.
lediglich als Korrelat der ihm obliegenden Geschäfte. Die Delegation
der Staatsgewalt oder einzelner in derselben enthaltenen Machtbefugnisse
kann niemals getrennt gedacht werden von der Pflicht, diejenigen
Geschäfte zu führen, welche den Wirkungskreis eines Amtes bilden.
Es gehört demnach zu einem Amte nicht nur ein Kreis von staatlichen
Geschäften, sondern auch ein entsprechender Kreis von öÖffentlich-
rechtlichen Befugnissen, eine Amtsgewalt. Man kann deshalb das
Amt selbst personifizieren und als das dauernde Subjekt von Rechten
und Pflichten sich denken, im Gegensatz zu dem Beamten, dem das
Amt zeitweilig übertragen ist. In diesem Sinne nennt man das Amt
eine Behörde. Auch der Ausdruck Behörde bedeutet nicht eine
Person (Beamten), sondern eine Institution; aber im Gegensatz zum
Amt nicht einen Kreis von Geschäften, sondern das ideelle Subjekt
derjenigen Rechte und Pflichten, welche mit Führung der zu einem
Amte vereinigten Geschäfte verknüpft sind '!).
Allein auch die Behörde ist niemals selbständig berechtigtes
Subjekt, sondern nur der Staat selbst ist das wirkliche Rechtssubjekt
aller Hoheitsrechte. Die Staatsgewalt ist nicht geteilt unter die
Behörden, so daß jeder der letzteren ein ihrer Kompetenz entsprechen-
der Anteil an der Staatsgewalt zustünde, sondern die Behörden sind
nur Apparate des Staates, mittelst deren er seine Staatsgewalt ausübt.
Die formelle Behandlung der Behörden, als wären sie Inhaber von
staatlichen Hoheitsrechten, beruht nur auf Gründen technischer Art,
auf Gründen der Zweckmäßigkeit. Sie fungieren äußerlich so, als
wären sie Subjekte von Befugnissen, welche in der Staatsgewalt ent-
halten sind; in Wirklichkeit sind sie aber nicht berechtigte Subjekte,
sondern nur der Staat selbst ist das alleinige Subjekt der gesamten
und ungeteilten Staatsgewalt. Amtsgewalt ist nichts anderes als Staats-
gewalt. Es folgt hieraus, daß niemals eine Behörde dem Staate
gegenüber ein subjektives Recht hat?). Dadurch ist der begriffliche
Gegensatz zwischen einer Staatsbehörde und einem Selbstverwaltungs-
körper oder dem Inhaber eines patrimonialen (feudalen) Hoheitsrechts
gegeben. Nur den Untertanen gegenüber erscheint die Behörde
als Subjekt von Hoheitsrechten, indem sie gewissermaßen die konkrete
Manifestation des Staates darstellt und mit dem Staate selbst identisch
wird. Im Verhältnis zum Staate dagegen hat die Behörde nur etwa
die Bedeutung wie ein Rad oder eine Schraube an einer Maschine.
Es kann daher der Staat nach freiem Ermessen den Geschäftskreis
einer Behörde verändern, erweitern oder verengern, auf eine andere
Behörde übertragen u. s. w. und dadurch die öffentlich-rechtlichen
1) Vgl. Otto Mayera.a. O.], S. 96, Note 2. Ueber den Wert der Personi-
fikation der Behörden als einer juristischen Hilfsvorstellung vgl. die Erörte-
rung von Tezner in Grünhuts Zeitschr. Bd. 21, S. 182 ff.
2) Ueber das Verhältnis der Behörden zum Staat vgl. Bernatzik im Archiv
für öffentl. Recht Bd. 5, S. 169 ff.; Jellinek, System S. 224ff.; Teznera.a. 0.