Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

476 8 48. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung. 
Schaden zu ersetzen, gehört dem öffentlichen Recht an; mithin sind 
die darüber bestehenden landesgesetzlichen Vorschriften durch das 
Bürgerliche Gesetzbuch nicht berührt worden '. Das Verhältnis des 
Staats zu seinem Beamten ist auch von dem Verhältnis des Dritten 
zum Beamten dadurch verschieden, daß der Staat bei Pflichtverletzun- 
gen des Beamten die in der Dienstgewalt begründeten Rechte gegen 
ihn ausüben kann, der Dritte dagegen auf den privatrechtlichen Scha- 
densersatzanspruch beschränkt ist. Aus diesem Grunde kann der 
Staat die Verpflichtung des Beamten gegen den Fiskus anderen Regeln 
unterstellen wie die Entschädigungspflicht gegen Dritte. Insoweit dies 
aber nicht der Fall ist, steht auch dem Fiskus gegenüber die Pflicht 
des Beamten zum Schadensersatz für Versehen in der Amtsführung 
unter denselben Grundsätzen, wie die Schadensersatzpflicht gegen Dritte. 
Dies wird auch anerkannt im preußischen allgemeinen Landrecht II, 10, 
8 90, woselbst die Haftung des Beamten gegen den Staat und die Haftung 
desselben »gegen einzelne Privatpersonen« ganz gleichgestellt werden. 
Eine Ausnahme von den allgemeinen Regeln macht nur die Haf- 
tung der Beamten für sogenannte Defekte, für welche in dem Reichs- 
beamtengesetz Spezialbestimmungen erlassen sind. Es ist demnach zu 
unterscheiden zwischen der Schadensersatzpflicht für Verschuldung im 
allgemeinen und der Haftung für Defekte insbesondere. 
1. Schadensersatzpflicht der Beamten im allgemeinen. 
Das Reichsbeamtengesetz hat darüber nur zwei Bestimmungen, 
nämlich im $ 13 den allgemeinen Grundsatz, daß jeder Beamte 
für dieGesetzmäßigkeitseiner amtlichen Handlungen 
verantwortlich ist, und im 8 154 Vorschriften über die Zu- 
ständigkeit der Gerichte und über das Verfahren in Rechtsstreitigkeiten 
über Vermögensansprüche gegen Reichsbeamte. 
a) Der im & 13 ausgesprochene Satz schneidet dem Beamten bei 
Ansprüchen, welche gegen ihn wegen gesetzwidriger Handlungen 
und Unterlassungen erhoben werden, den Einwand ab, daß er die 
Handlung oder Unterlassung auf Befehl des dienstlichen Vorgesetzten 
begangen habe. Die Tragweite dieses Satzes ist bereits oben S. 460 fg. 
erörtert worden. Soweit die Gehorsamspflicht des untergebenen Be- 
amten reicht, ist er auch vor der zivilrechtlichen Verantwortlichkeit 
für die ihm befohlenen Handlungen gedeckt; soweit er nicht zum Ge- 
horsam verpflichtet ist, handelt er auf eigene Verantwortlichkeit. Der 
Reichsbeamte, welcher auf Grund eines ihm erteilten dienstlichen Be- 
1) g 839 des BGB. betrifft auch seinem Wortlaut nach nur den Fall, daß ein 
Beamter dieihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt. Nicht 
jede Verletzung einer Dienstpflicht ist die Verletzung einer gegen den Dritten be- 
stehenden Amtspflicht. Die Nichtbefolgung einer dem Beamten erteilten Dienstan- 
weisung kann ihn dem Dienstherrn gegenüber zum Schadensersatz verantworlich 
machen, während eine gegen dritte Personen zu erfüllende Amtspflicht durch die 
Dienstanweisung nicht begründet, mithin auch durch das Verhalten des Beamten nicht 
verletzt wird.
	        
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