8 65. Die Formen der Verwaltungsakte. 195
selbst versteht, daß das Interesse der Verwaltung mit dem des Staates
völlig zusammenfällt. Der Mangel des Rechtsgrundes dagegen macht
die Verfügung unwirksam und unverbindlich, selbst wenn sie durch-
aus zweckmäßig ist. Unterwirft sich der von der Verfügung Betroffene
nicht freiwillig, was ihm im allgemeinen unbenommen ist'!), so muß
die höhere Verwaltungsbehörde, wenn ihr der Nachweis des mangeln-
den Rechtsgrundes erbracht ist, die Verfügung aufheben oder abändern;
unzweckmäßige Verfügungen kann die höhere Behörde aufrechter-
halten, wenn ihr die Aufhebung mit größeren Nachteilen verbunden
zu sein scheint, wie die Bestätigung. Durch rechtswidrige Verfügungen
macht sich der Beamte dem dadurch Beschädigten verantwortlich,
durch unzweckmäßige kann er sich den Tadel der vorgesetzten Be-
hörde oder des Publikums zuziehen, aber er kann nicht rechtlich da-
für belangt werden ?.. Der Mangel der Zweckmäßigkeit findet seine
Remedur innerhalb des Organismus der Verwaltung selbst, der Mangel
der Rechtmäßigkeit bringt die Verwaltung in Kollision mit der Rechts-
ordnung.
Auf den verschiedenen Gebieten der staatlichen Tätigkeit ist der,
den Zweckmäßigkeitserwägungen der Verwaltungsbehörden eingeräumte
Spielraum ein sehr ungleich bemessener. Am geringsten ist er der
Regel nach auf dem finanziellen Gebiete; die Erhebung der Steuern,
Zölle und Gebühren ist durchweg durch Rechtssätze so fest normiert,
daß bei den Verfügungen der Steuer- und Zollbehörden usw. fast nur
die Gesetzmäßigkeit derselben in Frage kommt. Den Gegensatz bildet
die polizeiliche Tätigkeit; hier beschränken sich die Gesetze meistens
auf allgemeine und weitreichende Ermächtigungen, so daß im ein-
zelnen Falle nach Zweckmäßigkeitsrücksichten zu befinden ist, ob
und in welcher Art von der gesetzlichen Befugnis Gebrauch gemacht
werden soll.
b) DieForm der Verfügung. Die Verfügung ist eine obrig-
keitliche Willenserklärung, welche einen Befehl oder eine Gewährung
oder Entziehung usw. enthält. Daraus ergibt sich ein dreifaches Er-
fordernis. Sie muß von demjenigen ausgehen, dem die Befugnis zu-
steht, namens des Staates zu befehlen; sie muß ferner in deutlich er-
kennbarer und zuverlässiger Weise enthalten, was ihr Inhalt ist; sie
muß endlich demjenigen, dem der Befehl oder die Erlaubnis erteilt
wird, gehörig bekannt gemacht werden.
a) Die Verfügung muß von demjenigen erlassen werden, welcher
dazu befugt ist; d. h. sie ist nur dann rechtsverbindlich, wenn sie von
einer Behörde innerhalb ihrer gesetzlichen Kompetenz ergangen ist.
Die Kompetenz der Behörden aber ist sowohl räumlich als sachlich
1) Wofern nämlich die Verfügung nicht eine rechtlich verbotene Handlung
fordert oder eine gesetzlich vorgeschriebene Handlung untersagt. OÖ. Mayera.a.0.
S. 98.
2) Vgl. Fleiner S. 229.