Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Zweiter Band. (2)

196 8 65. Die Formen der Verwaltungsakte. 
begrenzt und überdies nach der Rangordnung der Behörden abgestuft. 
Nur in dem hierdurch bestimmten Umfange ist jede Behörde mit dem 
obrigkeitlichen imperium ausgestattet. Jede Verfügung, welche eine 
Behörde mit Ueberschreitung der ihr zustehenden Kompetenz erläßt, 
entbehrt des Grundes, auf welchem ihre Rechtswirkung beruht, näm- 
lich der mit einem gewissen Amte verbundenen Staatsgewalt. Es kann 
in dem Erlaß einer solchen Verfügung möglicherweise der Tatbe- 
stand eines Amtsdeliktes gegeben sein; in keinem Falle aber hat der 
von einer inkompetenten Behörde erteilte Befehl verbindliche Kraft, 
und deshalb kann auch die Nichtbefolgung desselben keine Rechts- 
nachteile begründen !). 
ß) Die Verfügung muß, wie jede Willenserklärung, in deutlicher 
und zuverlässiger Weise erkennbar machen, worauf der Wille, also in 
diesem Falle der obrigkeitliche Befehl gerichtet ist. An sich ist jedes 
Mittel der Erklärung zulässig, nicht bloß die Schrift. Mündliche Ver- 
fügungen sind durchaus nicht selten; der Polizeibeamte, welcher eine 
Versammlung auflöst, welcher einem Händler einen bestimmten Platz 
am Markte anweist, welcher einen Hausbesitzer zur Reinigung des 
Straßenpflasters auffordert usw., erteilt diese Befehle mündlich. Ebenso 
der Zollbeamte, welcher dem Reisenden die Oeffnung seiner Koffer 
anbefiehlt. Selbst durch Zeichen kann ein obrigkeitlicher Befehl gültig 
erteilt werden, wofern dieselben allgemein verständlich sind; so kann 
z. B. die Sperrung einer Straße, also das polizeiliche Verbot, sie zu 
passieren, durch eine Barri£re oder durch eine mit einem Strohwische 
versehene Stange u. dgl. erklärt werden. 
Der Regel nach aber erfolgt der obrigkeitliche Befehl schriftlich, 
und der gemeine Sprachgebrauch bezeichnet die in dieser Form er- 
teilten Befehle vorzugsweise als Verfügungen. Die urkundliche Form 
der Verfügungen ist in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle nicht 
gesetzlich näher bestimmt, sondern richtet sich nach dem Geschäfts- 
gebrauch der Behörden, welcher für die häufiger vorkommenden 
Fälle Formulare ausgebildet hat. Im allgemeinen ist zu einer urkund- 
lichen Verfügung die Unterschrift der Behörde oder des sie vertreten- 
1) Es bezieht sich dies aber nur auf Verfügungen von absolut unzuständigen 
Personen, d. h. von solchen, die entweder gar keine Amtsgewalt haben, oder welche 
in ein ganz anderes Ressort oder räumliches Gebiet übergreifen als dasjenige, für 
welches sie zuständig sind. Ist dagegen die Verfügung von einer Behörde erlassen, 
die an sich zur Vornahme solcher staatlichen Handlungen ermächtigt ist, es wird 
aber bestritten, ob die Behörde zu dieser konkreten Anordnung befugt sei, so ist die 
Verfügung nicht an sich nichtig, sondern mit einem Rechtsmittel anzugreifen, und 
sie ist wegen Ueberschreitung der Amtsbefugnis aufzuheben. Der Weg, der hierzu 
einzuschlagen ist, kann nach Verschiedenheit der Fälle ein sehr verschiedener sein, 
entweder die Beschwerde an die vorgesetzte Verwaltungsbehörde oder die Klage bei 
einem Verwaltungsgericht oder der Zivilprozeß; sachlich erfolgt in allen Fällen die 
Aufhebung, sowie die Aufrechterhaltung der Verfügung durch eineEntscheidung, 
mag dieselbe in der Form des Urteils oder in der Form der Verfügung ergehen. 
Vgl. 0. Mayer, Franz. Verwaltungsrecht S. 141 ff.
	        
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