250 868. Das Reichsland. Die Organisation des Reichslandes.
licher Anordnungen und Verfügungen kann zwar der Statthalter
durch den Staatssekretär, aber nicht dieser durch einen Unterstaats-
sekretär vertreten werden; denn nur der Staatssekretär ist ein verant-
wortlicher Stellvertreter, die Unterstaatssekretäre dagegen sind es nicht ').
c) Das Ministerium zerfällt in Abteilungen, an deren Spitze Unter-
staatssekretäre stehen; dem Staatssekretär kann die Leitung einer Ab-
teilung übertragen werden. Die Bildung von Abteilungen mit Unter-
staatssekretären ist gesetzlich vorgeschrieben ?), dagegen die Zahl der-
selben und die Verteilung der Geschäfte unter sie nicht. »Das Nähere
über die Organisation des Ministeriums wird durch kaiserliche Ver-
ordnung bestimmt« ($ 5 zit.)°).
d) Der Geschäftskreis des Ministeriums umfaßt alle Obliegenheiten
des ehemaligen Reichskanzleramtes für Elsaß-Lothringen, sowie die-
jenigen, welche von dem Reichsjustizamt in der Verwaltung des Reichs-
landes ausgeübt wurden, ferner die gesamte Zuständigkeit des ehemali-
gen Oberpräsidenten, ferner hinsichtlich der Landesbeamten die in
den 88 5, 39, 52 und 68 des Beamtengesetzes vom 31. März 1873 be-
zeichneten Befugnisse des Bundesrats, endlich die im Wege der Lan-
desgesetzgebung seit 1879 dem Ministerium zugewiesene Kompetenz *).
Aus dieser Kompetenzbestimmung erwächst die Frage, ob der Statt-
halter als eine vom Ministerium verschiedene Behörde und als eine
über demselben stehende Instanz in Verwaltungsangelegenheiten anzu-
sehen ist oder nicht. Da der Reichskanzler der eigentliche Chef des
Reichskanzleramts und Reichsjustizamts gewesen ist und keine von
demselben staatsrechlich getrennte Instanz gebildet hat, dagegen das
Oberpräsidium eine von ihm vollkommen getrennte und ihm unter-
geordnete Behörde war, und der Statthalter an die Stelle des Reichs-
kanzlers getreten ist, so ergibt sich theoretisch der Satz, daß soweit
das Ministerium an die Stelle des Reichskanzleramts für Elsaß-Lothringen
und des Reichsjustizamts getreten ist, der Statthalter keine von ihm
rechtlich verschiedene Instanz ist, wohl aber hinsichtlich des Geschäfts-
kreises, welcher ehemals dem Oberpräsidium zugestanden hat. Prak-
tisch läßt sich diese Unterscheidung aber nicht durchführen, weil die
Zuständigkeit des Oberpräsidiums zum großen Teil auf der Delegation
von Befugnissen des Reichskanzlers beruhte. Dienstlich ist in allen
sung dieses $ ist aber nicht klar und die Praxis setzte sich über diese Bedenken hin-
weg, wie zahlreiche im Gesetzbl. f. Els.-Lothr. publizierte Verordnungen beweisen.
Durch die präzise Fassung des $ 3 Abs. 2 des Ges. v. 31. Mai 1911 ist jetzt jede Ab-
weichung von der hier gegebenen Vorschrift ausgeschlossen.
1) In Els.-Lothr. ist von diesem Grundsatz bisweilen abgewichen worden, wäh-
rend das Reichsgesetzbl. seit dem Ges. v. 1878 keinen Fall enthält, in welchem eine
kaiserl. Verordn. von einem Unterstaatssekretär gegengezeichnet worden wäre.
2) Ges. v. 4. Juli 1879 8 5. |
3) Diese Vorschriften sind ergangen durch die Verordn. vom 23. Juli 1879 (Ge-
setzbl. S. 81), welche wiederholt abgeändert worden ist.
4) Ges. v. 4. Juli 1879 8$ 3 und 8.