Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Zweiter Band. (2)

8 69. Die Gesetzgebung in Elsaß-Lothringen. 261 
setzesvorlage im Landtage der speziellen kaiserlichen Ermächtigung 
bedarf und die Vorlage im Namen oder Auftrage des Kaisers macht. 
Die Erfordernisse eines Antrages auf Erlaß eines Gesetzes in einer der 
beiden Kammern sind durch die Geschäftsordnung zu bestimmen; das 
gleiche gilt von dem Verkehr zwischen den Kammern des Landtags 
hinsichtlich eines von einer derselben beschlossenen Gesetzentwurfs. 
Gesetzesvorschläge, welche durch eine der Kammern oder den Kaiser 
verworfen worden sind, können in derselben Sitzungsperiode nicht 
wieder vorgebracht werden ($ 16 Abs. 2). 
2. Die Uebereinstimmung des Kaisers und beider Kammern ist zu 
jedem Gesetz erforderlich (55 Abs. 1 Satz 2). Die im Art. 5 der Reichs- 
verfassung hinzugefügten Worte »und ausreichend«, welche so viele 
Irrtümer verschuldet haben und tatsächlich unrichtig sind, sind fort- 
geblieben. Durch die Uebereinstimmung des Kaisers und beider 
Kammern wird nur eine Vorbedingung zum Erlaß eines Gesetzes ge- 
schaffen, ein sanktionsfähiger Gesetzen t wurf hergestellt. Die Behand- 
lung der Gesetzentwürfe in den Kammern ist durch die Geschäftsord- 
nungen zu regeln. 
3. Der Kaiser erläßt. d. h. sanktioniert, die Gesetze, nachdem er 
hierzu die Zustimmung beider Kammern des Landtags erhalten hat 
($ 5 Abs. 1 Satz 1). Hinsichtlich der staatsrechtlichen Bedeutung, 
welche die Zustimmung des Landtags zu einem Gesetzentwurf hat, 
vergl. oben S. 9. Am »Erlaß« des Gesetzes selbst, am Gesetzesbefehl, 
nimmt der Landtag nicht teil. 
4. Der Kaiser fertigt die Gesetze aus ($ 5 Abs. 2), indem er die 
Gesetzesurkunde unter Gegenzeichnung des Statthalters unterschreibt. 
Da der Bundesrat aus dem Gesetzgebungsverfahren vollkommen aus- 
geschaltet ist, so fällt — wie in den Bundesstaaten — die Ausfertigung 
des Gesetzes mit der Sanktion in einen Akt zusammen!). 
5. Der Kaiser ordnet die Verkündigung der Gesetze an?). Die Ver- 
kündigung erfolgt im Gesetzblatt für Elsaß-Lothringen, welches vom 
Ministerium in Straßburg herausgegeben wird). Für die rechtzeitige 
und ordnungsmäßige Verkündigung ist der Staatssekretär verantwortlich. 
6. Die verbindliche Kraft des verkündeten Gesetzes beginnt, sofern 
nicht in dem Gesetz ein anderer Anfangstermin derselben bestimmt 
ist, mit dem 14. Tage nach dem Ablauf desjenigen Tages, an welchem 
das betreffende Stück des Gesetzblattes für Elsaß-Lothringen in Straß- 
burg ausgegeben ist. 
II. Hinsichtlich des Etatsgesetzes gelten folgende besondere Ver- 
fassungssätze: 
1) Der Ausschluß des Bundesrats von der Landesgesetzgebung hat die Konse- 
quenz, daß auch das preufß. Staatsministerium, welches die Instruktion der preuß. 
Bevollmächtigten zum Bundesrat beschließt, auf die els.-lothr. Landesgesetze einen 
Einfluß nicht mehr ausüben kann. 
2) Diese Fassung ist zutreffender als die des Art. 17 der RV. 
3) Ges. v. 4. Juli 1879, $ 22. 
 
	        
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