Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Zweiter Band. (2)

8 70. Die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete. 269 
2. Westafrika. Dieses Schutzgebiet besteht aus zwei getrenn- 
ten Ländern, Kamerun und Togo. Die rechtlichen Grundlagen 
der deutschen Schutzgewalt sind ganz ähnliche, wie in Südwestafrika. 
Einige Hamburger und Bremer Firmen, welche in jenen Ländern 
Handelsniederlassungen und Landbesitz hatten, richteten an das Aus- 
wärtige Amt Wünsche hinsichtlich ihres Schutzes und ihrer Vertretung 
durch das Reich!). Nach Erledigung der von England erhobenen 
Schwierigkeiten wurde im Auftrag des Reichskanzlers vom kaiserlichen 
Generalkonsul im Juli 1884 an verschiedenen Punkten der Biafrabai 
die deutsche Flagge gehißt?). Von demselben wurden ferner Pro- 
tektionsverträge abgeschlossen mit dem König von Togo und 
seinen Häuptlingen °), sowie mit dn Kamerunhäuptlingen‘). 
Dieselben enthalten ähnliche Festsetzungen, wie die mit den süd- 
afrikanischen Häuptlingen abgeschlossenen 5). Der Kaiser übernimmt 
den Schutz der Häuptlinge und ihrer Gebiete unter dem Vorbehalt 
aller gesetzmäßigen Rechte Dritter ($ 1); die Häuptlinge versprechen, 
keinen Teil ihrer Länder mit Souveränitätsrecht an irgend eine fremde 
Macht oder Person abzutreten, noch Verträge mit fremden Mächten 
ohne vorherige Einwilligung des Kaisers einzugehen (8 2). Den deut- 
schen Untertanen und Schutzgenossen wird Wohnrecht, Schutz und 
freier Handel gewährt, den Häuptlingen die Forterhebung der bisher 
üblichen Zölle und Abgaben zugestanden ($ 3—5). Die Uebernahme 
des Protektorats wurde im Oktober 1884 den Signatarmächten des 
Berliner Vertrages zur Kenntnis gebracht®). 
Zwischen England und dem Deutschen Reich wurden im Wege 
‚des Austausches diplomatischer Noten im Jahre 1884 Abkommen ge- 
troffen wegen Abgrenzung ihrer Schutzgebiete am Golf von Guinea 
und wegen Gewährung gegenseitiger Handels- und Verkehrsfreiheit’). 
Ebenso wurde zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich durch 
das Protokoll vom 24. Dezember 1885 die Abgrenzung ihrer Schutz- 
‚gebiete an der Biafrabai und an der Sklavenküste festgesetzt®). Eine 
Ergänzung und Abänderung haben diese Abmachungen erfahren durch 
die Vereinbarung mit England am 15. November 1893°) und durch 
1) Weißbuch I, Nr. 1-5; Deutsche Kolonialpolitik LS. 5 ff. 
2) Weißbuch 1, Nr. 7 ft. 
3) Weißbuchl,Nr. 7; Deutsche Kolonialpolitik] S. 49 ff. 
4) Weißbuch I Nr. 12; Deutsche Kolonialpolitik I], S. 52 ff.; 
v. Stengel 1887, S. 8il3äfg.; 1895, S. 549 fg. 
5) Weißbuch I, Nr. 10, Anlage (S. 52); ebendaselbst Nr. 12 (S. 55). 
6) Deutsche Kolonialpolitikl], S. 65. 
7) Die Urkunden sind abgedruckt in Deutsche Kolonialpolitik IV, 
S. 65 ff. 
8) Das Protokoll und die sich daran schließenden Noten sind abgedruckt ebenda V, 
S. 51. Auf die Schutzgebiete an der Küste von Senegambien (Koba und Kabitai) hat 
das Deutsche Reich in diesem Protokoll verzichtet und die Souveränität Frankreichs 
über diese Gebiete anerkannt. 
9) Abgedruckt im Deutschen Reichsanzeiger vom 21. November 1893. Die neu-
	        
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