Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Zweiter Band. (2)

8 70. Die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete. 275 
Kaiser von China sich alle Rechte der Souveränität vorbe- 
halten, insbesondere das Recht, in dieser Zone im Einvernehmen mit 
der deutschen Regierung Truppen zu stationieren und andere mili- 
tärische Maßregeln zu treffen, sowie im Einverständnis mit der deut- 
schen Regierung Zollstationen zu errichten und die Zollgrenze und 
Zollvereinnahmung zu regeln. Auch verpflichtete sich China, in dieser 
Zone keinerlei Maßnahmen oder Anordnungen ohne vorhergehende 
Zustimmung der deutschen Regierung zu treffen und einer Regulie- 
rung der Wasserläufe kein Hindernis entgegenzusetzen (Art. I und V, 
Abs. 5). 
Auf Grund dieses Staatsvertrages ist das im Art. III näher be- 
zeichnete, in deutschen Besitz übergegangene Gebiet durch den Erlaß 
vom 27. April 1898 im Namen des Reiches unter den kaiserlichen 
Schutz genommen worden !) und die Rechtsverhältnisse in Kiautschou 
sind durch die Verordnung von demselben Tage geregelt worden ?). 
Hiernach ist nur dasjenige Gebiet, welches innerhalb der im Art. III 
des Vertrages angegebenen Grenzen liegt, ein Schutzgebiet und die 
deutsche Schutzgewalt ist auf dieses Gebiet beschränkt; dagegen ge- 
hört die dasselbe umgebende Zone von 50 Kilometer völkerrechtlich 
und staatsrechtlich zum chinesischen Reich und steht unter der Sou- 
veränität des Kaisers von China. Diese Zone ist aber wesentlich ver- 
schieden von einer sogenannten Interessensphäre; vielmehr hat Deutsch- 
land an diesem Gebiete bestimmte weitreichende Rechte, welche nach 
der im Völkerrecht üblichen Terminologie als Staatsservituten zu be- 
zeichnen sind. 
7. Dielnselgruppen der Karolinen, Palau und Ma- 
rianen, mit Ausnahme von Guam, sind infolge des Staatsvertrages 
vom 12. Februar bezw. 30. Juni 1899 ®) gegen eine auf 25 Millionen 
Peseten festgesetzte Geldentschädigung von Spanien an das Deutsche 
Reich abgetreten und durch Erlaß vom 18. Juli 1899 unter den kaiser- 
lichen Schutz genommen worden %. Das Reich besitzt diese Inseln 
als Rechtsnachfolger Spaniens mit voller Souveränität. Durch kaiser- 
liche Verordnung vom 18. Juli 1899 ist das Inselgebiet bis auf weiteres 
zu einem Teil des Schutzgebietes von Neu-Guinea erklärt worden’). 
8 Inseln der Samoagruppe. Durch die Generalakte der 
1) Reichsgesetzbl. 1898, S. 171. 
2) Reichsgesetzbl. 1898, S. 173, 174. Zur Ausführung dieser kaiserl. Verordnung 
hat der Reichskanzler am 27. April 1898 Bestimmungen erlassen, welche im Zentralbl. 
1898, S. 285 ff. und im Marineverordnungsbl. S. 151 ff. abgedruckt sind. 
3) Der Staatsvertrag ist abgedruckt in den Drucksachen des Reichstages, Session 
1898/99, Nr. 394, S. 10. Beigefügt ist eine Denkschrift über die Beschaffenheit und 
wirtschaftliche Bedeutung dieser Inseln. Der Vertrag ist auch gedruckt bei Zimmer- 
mann IV, S. 76. 
4) Reichsgesetzbl. 1899, S. 541. Die kaiserl. Verordnung über die Rechtsverhält- 
nisse in diesem Inselgebiet vom 13. Juli 1899, ebenda S. 542. 
5) Kolonialbl. 1900, S. 93. Zimmermann IV, S. 80.
	        
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