276 8 70. Die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete.
Samoakonferenz in Berlin vom 14. Juni 1889!) wurde zwischen dem
Deutschen Reich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten von
Nordamerika eine Vereinbarung über die gemeinsame Ausübung der
von diesen Staaten an den Samoainseln beanspruchten Rechte ge-
troffen und dadurch ein dem Kondominat vergleichbares gemeinschaft-
liches Protektorat geschaffen. Die aus diesem Verhältnis sich ergeben-
den Schwierigkeiten veranlaßten aber die drei beteiligten Mächte zu
einer Teilung dieser Gebiete. Diese Auseinandersetzung ist erfolgt
durch zwei Verträge, die Deutsch-Englische Konvention vom 14. No-
vember 1899 und den Vertrag der drei Mächte vom 2. Dezember
1899 ?2) und zwar in der Art, daß England die Tongainseln, Amerika
die östlich des 171. Grades westlicher Länge von Greenwich gelegenen
Inseln, Deutschland ausschließliche Rechte auf die westlich von diesem
Grade gelegenen Inseln erhielt. Hierauf wurden diese Inseln durch
den Erlaß vom 17. Februar 1900 unter den kaiserlichen Schutz ge-
nommen und am gleichen Tage wurde eine Verordnung zur Regelung
der Rechtsverhältnisse dieses Schutzgebietes erlassen °).
II. Von den Schutzgebieten zu unterscheiden sind die sogenannten
Interessensphären. Sie beruhen auf völkerrechtlichen Ver-
trägen und haben eine ausschließlich völkerrechtliche Bedeutung.
Diese Verträge setzen bestimmte Grenzen fest, welche die kontrahieren-
den Staaten bei der Begründung von Schutzherrschaften gegen ein-
ander zu beobachten versprechen. Während die Schutzgebiete nur
so weit reichen, als eine effektive Oberhoheit des schutzherrlichen
Staates besteht, begrenzen die Interessensphären Gebiete für zukünf-
tige Okkupationen und Schutzherrschaften, so lange nicht das ganze
Gebiet der Interessensphäre der Schutzgewalt effektiv unterworfen wor-
den ist. Sie begründen daher unter den Kontrahenten ein ausschließ-
liches Recht zur Okkupation, ein ius excludendi alium. Zugleich ent-
halten sie die Anerkennung für die bereits effektiv gewordenen Ok-
kupationen. Diejenige Macht, deren Interessen am meisten mit den
deutschen kolonialpolitischen Bestrebungen kollidierten und von wel-
cher eine Störung und Hinderung derselben am meisten zu befürch-
ten war, ist Großbrittannien. So lange nicht die Interessen-
sphären Deutschlands und Großbrittanniens in allen in Betracht kom-
menden Gebieten definitiv begrenzt waren, fehlte es den deutschen
Schutzgebieten an der zu ihrer Entwicklung unentbehrlichen Sicher-
heit, und die deutsche Kolonialpclitik war in steter Gefahr, in Kon-
flikte zu geraten. Aus diesen Gründen ist als der wichtigste
Fortschritt und als die unerläßliche Voraussetzung einer unge-
1) Abgedruckt in den Drucksachen des Reichstages, Session 1890, Nr. 64, S. 6 ff.
2) Die Verträge sind abgedruckt in den Drucksachen des Reichstages von 1899,
1900, Nr. 572, Anlage 1 und 2. Ferner im Kolonialbl. 1899, S. 803 und 1900, S.4; bei
Zimmermann ]V, S. 129, 147.
3) Reichsgesetzbl. 1900, S. 135, 136 ff.