02 8 58. Die Rechtsverordnungen des Reiches.
lichkeit hervorgehoben, daß nur von Verwaltungsvorschriften und
Einrichtungen die Rede ist; von der Aufstellung von Rechtsvorschriften
enthält der Artikel nichts. Er erteilt dem Bundesrat durchaus keine
Befugnis, ohne Zustimmung des Reichstages Rechtsregeln zu sanktio-
nieren, Ausführungsgesetze im materiellen Sinne des Wortes zu er-
lassen '. Ganz übereinstimmend spricht Art. 37 der Reichsverfassung
von den »zur Ausführung der gemeinschaftlichen Gesetzgebung dienen-
den Verwaltungsvorschriften und Einrichtungen«. In der Verfassung
des Norddeutschen Bundes fehlte bekanntlich der Art. 7; als er bei
der Redaktion der Reichsverfassung in dieselbe aufgenommen wurde,
erklärte der Staatsminister Delbrück, daß »eine materielle Aenderung
des Bestehenden damit kaum herbeigeführt ist« 2. Auch aus der Ent-
stehungsgeschichte dieses Artikels ergibt sich daher, daß durch ihn
nicht eine Gesetzgebungsbefugnis für den Bundesrat begründet werden
sollte, für welche sich in der norddeutschen Bundesverfassung und
den Verfassungsbündnisverträgen durchaus kein Anhalt findet. Die
Tragweite des Art. 7, Ziff. 2 liegt ausschließlich auf dem Gebiete der
Verwaltung und wird dort (siehe 8 66) erörtert werden.
Hiergegen ist von Arndt, Verordnungsrecht 1884, Widerspruch
erhoben worden, indem er die Behauptung aufgestellt und ausführlich
zu begründen versucht hat, daß der Ausdruck »Verwaltungsvorschrif-
ten« im Art. 7, Ziff. 2 auch Rechtsvorschriften mit umfasse °?) und ledig-
lich den Gegensatz zu den in Gesetzesform ergehenden Vorschriften
bilde‘. Arndt stützt seine Behauptung auf drei Gründe. Erstens
soll nach seiner Meinung in Preußen vor der Errichtung des Nord-
deutschen Bundes ein Unterschied zwischen Rechtsverordnungen und
Verwaltungsverordnungen nicht gemacht worden sein und mit dem
letzteren Ausdruck jede nicht in Gesetzesform erlassene Anordnung,
1) Vgl. auch Seydel in Hirths Annalen 1874, S. 1154 und Kommentar S. 140
und Prestele, Abschluß völkerrechtlicher Verträge 1882, S. 721g.
2) Siehe Bd. 1, S. 257 ff.
3) Vgl. auch Löning, Verwaltungsrecht S. 229, Note 4; G. Meyera.a. 0.
Dagegen ist Hänel, Studien I, S. 62, 79ff., Staatsrecht I, S. 284 fg., 295, den Ver-
tretern der von mir entwickelten Ansicht beizuzählen.
4) Arndt erkennt aber a. a. O. S. 90 und mit noch größerer Bestimmtheit in
Hirths Annalen 1885, S. 701 ff. an, daß die Verordnungen des Bundesrates sich intra
legem halten müssen, d. h. nur zur Ausführung eines Reichsgesetzes
dienen dürfen, und daß die Befugnis des Bundesrates stets auf eine Delegation zu-
rückzuführen sei. Nur hält er nicht eine spezielle Delegation in dem einzelnen
Gesetze für erforderlich, sondern er erblickt in dem Art. 7, Abs. 2 der Reichsver-
fassung eine generelle Ermächtigung auch zum Erlaß von Rechtsvorschriften.
Da es nun üblich geworden ist, in allen Reichsgesetzen, die dazu irgend Veranlassung
geben, spezielle Ermächtigungen zum Erlaß von Ausführungsvorschriften zu erteilen,
was auch Jagemann S. 94 bezeugt, so ist die praktische Differenz zwischen der
von Arndt verfochtenen Lehre und der hier verteidigten nicht so bedeutend, als
es vielleicht den Anschein hat. Den Ausführungen von Arndt schließt sich durch-
weg an Dambitsch S. 216 ff.