Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

180 8 76. Das Münzwesen. 
ermächtigt worden, außerhalb dieses Betrages einen zur Befrie- 
digung eines auberordentlichen Bedarfs dienenden Bestand an Silber- 
münzen bis zur Höhe von 120 Mill. Mk. ausprägen zu lassen !). 
7. Die einzelnen Stücke der als gesetzliche Währung aner- 
kannten Münzsorten haben den Charakter als Geld nur unter der 
Voraussetzung, daß.ihr Gewicht und Gehalt unversehrt und ihr Gepräge 
erkennbar ist. Verlieren sie diese Eigenschaften, so braucht sie nie- 
mand mehr in Zahlung zu nehmen; sie hören auf »Geld« zu sein, und 
es kann für den Staat, welcher sie ausgegeben hat, die Verpflichtung 
zur Einlösung begründet sein. Hier ist nun aber zu unterscheiden 
zwischen der Abnutzung der Münzen durch den gewöhnlichen 
Umlauf, welche unvermeidlich mit dem Dienste, den die Münzen zu 
leisten haben, verbunden ist, und anderweitigen Beschädigungen, 
z. B. durch Beschneidung, Abfeilen, Durchlöcherung usw. Im letzteren 
Falle findet weder eine Verpflichtung, im Gewicht verringerte oder ver- 
fälschte Münzstücke in Zahlung zu nehmen, noch ein Anspruch gegen 
das Reich oder die Einzelstaaten auf Umtausch statt?), gleichviel, ob 
die Beschädigung auf einem Verschulden oder auf einem zufälligen 
Ereignisse beruht?). Dagegen hat das Reich die mit dem ordnungs- 
mäßigen Gebrauch der Reichsmünzen verbundene Gefahr der Ab- 
nutzung übernommen und eine Einlösungspflicht derselben anerkannt. 
Dabei besteht aber zwischen Goldmünzen und Scheidemünzen eine 
rechtliche Verschiedenheit, die auf der Verschiedenheit des Material- 
wertes beruht. 
a) Bei Goldmünzen besteht ein sog. Passiergewicht. 
Wenn das Gewicht der Goldmünzen um nicht mehr als 5 Tausendteile 
hinter dem gesetzlichen Normalgewicht zurückbleibt und die Verringe- 
rung des Gewichtes nicht durch gewaltsame oder gesetzwidrige Be- 
schädigung hervorgebracht ist, so sollen sie bei allen Zahlungen als 
vollwichtig gelten®). Sie dürfen daher weder von öffentlichen 
1) Vgl. dazu die Bestimmungen des Bundesrats vom 16. Juli 1913. Reichsgesetz- 
bl. S. 578. 
2) Gesetz vom 4. Dezember 1871, $ 9. (Goldmünzen.) Münzgesetz 8 10. 
3) „Wer echte, zum Umlauf bestimmte Metallgeldstücke durch Beschneiden, Ab- 
feilen oder auf andere Art verringert und als vollgültig in Verkehr bringt, oder wer 
solche verringerte Münzen gewohnheitsmäßig oder im Einverständnisse mit dem, 
welcher sie verringert hat, als vollgültig in Verkehr bringt, wird mit Gefängnis 
bestraft, neben welchem auf Geldstrafe bis zu 3000 Mark, sowie auf Verlust der bür- 
gerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann. Der Versuch ist strafbar.“ Reichs- 
strafgesetzbuch $ 150. Nach einer auf Grund des Art. 7 der Reichsverfassung 
erlassenen Verordnung des Bundesrates vom 24. März 1876 sind gewaltsam 
beschädigte Reichsmünzen von allen Reichs- und Landeskassen anzuhalten und ent- 
weder den zuständigen Behörden behufs Einleitung des Strafverfahrens einzusenden 
oder — falls der Verdacht eines Münzvergehens gegen eine bestimmte Person nicht 
vorliegt — durch Zerschlagen oder Einschneiden für den Umlauf unbrauchbar zu 
machen und dem Einzahler zurückzugeben. Zentralbl. 1876, S. 260. 
4) Gesetz vom 4. Dezember 1871, $ 9, Abs. 1. Münzgesetz $ 11, Abs. 1. Um
	        
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