Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

212 8 78. Die Gewerbepolizei. 
einigen vereinzelten Zuständigkeiten des Reichskanzlers, gibt es keine 
unmittelbare Reichsverwaltung in gewerbepolizeilichen Angelegenheiten. 
Das Reich ist beschränkt auf die Oberaufsicht über die Tätigkeit der 
Behörden der Einzelstaaten und Gemeinden, welche nach Art. 17 der 
Reichsverfassung der Kaiser führt. Er bedient sich dazu des Reichs- 
amtes des Innern. Aus diesem Grunde kann hier von einer 
eingehenden Erörterung des sehr kasuistischen Inhalts der Gewerbe- 
ordnung und der zu derselben ergangenen Ausführungsbestimmungen 
Abstand genommen und die Darstellung auf eine kurze Angabe der 
wichtigsten Rechtsvorschriften beschränkt werden. 
Nl. Beschränkungen der Gewerbefreiheit. 
Der Grundsatz der Gewerbefreiheit ist in der Gewerbeordnung 
zwar zum Ausgangspunkt genommen, aber nicht unbedingt und un- 
eingeschränkt durchgeführt worden, und namentlich die Novellen ha- 
ben in großem Umfange neue Ausnahmen und Beschränkungen hin- 
zugefügt. Die Gewerbeordnung unterscheidet in Beziehung auf die 
polizeilichen Beschränkungen der Gewerbefreiheit drei Arten des Ge- 
werbebetriebes, das stehende Gewerbe, den Gewerbebetrieb im Um- 
herziehen und den Marktverkehr'). 
I. Der Betriebeinesstehenden Gewerbes. 
Hinsichtlich aller Gewerbe besteht die Vorschrift, daß derjenige, 
welcher den selbständigen Betrieb anfängt, der für den Ort, wo sol- 
ches geschieht, nach den Landesgesetzen zuständigen Behörde gleich- 
zeitig Anzeige davon machen muß. Bei Preßgewerben ist auch das 
Lokal, in welchem der Betrieb stattfindet, anzumelden ?). Diese An- 
meldepflicht ist ganz unabhängig davon, ob für den Gewerbebetrieb 
eine Genehmigung erforderlich ist. Sie dient lediglich dazu, um eine 
Uebersicht über alle bestehenden Gewerbebetriebe zu ermöglichen; bei 
den einer Konzession bedürfenden Gewerben ist daher neben dem 
Antrag um Erteilung der Erlaubnis, der gewöhnlich an die höhere 
Behörde zu richten ist, die Anmeldung an die Orts behörde zu er- 
statten. 
Wenn der Gewerbetreibende einen offenen Laden hat oder Gast- 
oder Schankwirtschaft betreibt, so muß er seinen Familiennamen mit 
mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen an der Außenseite oder 
am Eingange des Ladens oder der Wirtschaft in deutlich lesbarer 
Schrift anbringen. Kaufleute, die eine Handelsfirma führen, haben 
zulgeich die Firma in der bezeichneten Weise anzubringen; ist aus 
1) Der Begriff des stehenden Gewerbes ist in der Gewerbeordnung nicht defi- 
niert; er umfaßt alle Gewerbebetriebe, welche nicht unter die beiden anderen Arten 
fallen. Landmann], S. 134fg., S. 442. 
2) Gewerbeordnung $ 14, 15. Außerdem noch eine besondere, also doppelte 
Anzeigepflicht für gewisse Gewerbe nach $ 35. Strafbestimmungen $ 148, Ziff.1—4.
	        
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