18 8 72. Die Konsulate.
Pflicht ist durch Strafdrohungen gesichert'). Entzieht sich ein Schiffs-
mann nach der Anmusterung dem Antritt oder der Fortsetzung des
Dienstes, so kann ihn das Seemannsamt auf Antrag des Schiffers zwangs-
weise zur Erfüllung seiner Pflicht anhalten ?2). Auch den Konsuln steht
diese Befugnis zu, jedoch können sie einen Zwang nicht direkt aus-
üben, sondern sie sind darauf beschränkt, bei den Lokalbehörden die
erforderlichen Anträge zu stellen?).. Die Konsuln können ferner auf
Antrag eines Schiffsoffiziers oder von mindestens drei Schiffsleuten
das Schiff einer Untersuchung unterziehen, ob das Schiff seetüchtig
und mit den erforderlichen Vorräten an Lebensmitteln versehen ist.
Sie haben das Ergebnis in das Schiffsjournal einzutragen und erforder-
lichenfalls für die geeignete Abhilfe der Mängel Sorge zu tragen‘).
Die Konsuln sind befugt, den Führern deutscher Kauffahrteischiffe den
Befehl zu erteilen, deutsche Seeleute, welche im Auslande sich in hilfs-
bedürftigem Zustande befinden, behufs ihrer Rückbeförderung nach
Deutschland nach dem Bestimmungshafen mitzunehmen’). Ihnen liegt
die Entscheidung ob, wenn der Schiffsführer Weigerungsgründe vor-
schützt. Die Nichtbefolgung des ordnungsmäßig (schriftlich) erteilten
Befehles des Seemannsamtes (Konsulates) wird mit einer Geldstrafe bis
zu 150 Mark oder mit Haft bestraft ®).
Hoheitsrechte des Reiches haben die Konsulate in ihrer Eigen-
schaft als Seemannsämter ferner insofern auszuüben, als ihnen eine
vorläufige Entscheidung sowohl bei bürgerlichen Streitigkei-
1) Seemannsordnung 8 12, 107, Ziff. 2. 2) Seemannsordnung $ 33.
3) Konsulatsgesetz $34 und dazu die Instruktion vom 22. Februar 1873.
Ueberdies unterliegt ein Schiffsmann, welcher es unterläßt, im Falle eines dem Dienst-
antritt entgegenstehenden Hindernisses sich gegen das Seemannsamt (Konsulat) aus-
zuweisen, der Bestrafung nach 8 107, Z. 3 der Seemannsordnung. Entläuft ein Schiffs-
mann mit der Heuer, soist er nach RStGB. 8 298, Seemannsordn. $ 93, Abs.
3, 94, strafbar. Die internationalen Verträge sichern den Konsulaten die Unter-
stützung der Landesbehörden zu. Italien Art. 15 a. E, 16. Spanien Art. 15,
Abs. 4; Art. 16, Abs. 1. Vereinigte Staaten Art. 13, Abs. 2 und Art. 14.
Rußland Art. 11. Costa Rica Art 32. Griechenland Art. 12. Hawai
Art. 23. Mexiko Art. 21. Zanzibar Art. 15. Guatemala Art. 27. Hon-
duras Art. 27. Nicaragua Art. 27.
4) Seemannsordnung 8 58, 99. Wer die Untersuchung leichtfertig oder wider
besseres Wissen durch eine auf unwahre Behauptungen gestützte Beschwerde veran-
laßt, wird nach $ 107 Ziff. 4 bestraft. Ueber das Verfahren, welches die Konsuln
bei dergleichen Beschwerden der Schiffsleute zu befolgen haben, siehe vv König
S. 540 ff., 765 ff.
5) Die näheren Anordnungen über die Voraussetzungen, das Verfahren und die
zu leistende Entschädigung sind in dem Reichsgesetz vom 2. Juni 1902 (Reichsge-
setzbl. S. 212fg.) enthalten. In dem im $ 1, Abs. 2 dieses Gesetzes vorgesehenen
Falle besteht die gleiche Befugnis auch hinsichtlich hilfsbedürftiger ausländischer
Seeleute behufs der Rückbeförderung derselben in ihr Heimatland. — Die Instruk-
tion vom 22. Februar 1873 zu $ 26 des Konsulatsgesetzes enthält die näheren Vor-
schriften über das vom Konsul zu beobachtende Verfahren. Vgl. v. KönigS. 427ff.
6) Gesetz vom 2. Juni 1902, 8 8.