Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

240 8 78. Die Gewerbepolizei. 
befugt, für einzelne Gewerbe nach Anhörung der Handwerkskammern 
Ausnahmen zuzulassen $ 129, Abs. 7. Wer den Voraussetzungen des 
8129 entspricht, ist befugt auch in den übrigen Zweigen dieses Gewerbes 
oder in verwandten Gewerben Lehrlinge anzuleiten, $ 129a. Wenn 
der Lehrherr eine zu große Zahl von Lehrlingen hält, so daß dadurch 
die Ausbildung der Lehrlinge gefährdet erscheint, so kann dem Lehr- 
herrn von der unteren Verwaltungsbehörde die Entlassung eines ent- 
sprechenden Teiles der Lehrlinge auferlegt und die Annahme von 
Lehrlingen über eine bestimmte Zahl hinaus untersagt werden $& 128, 
Abs. 1. Unabhängig hiervon kann der Bundesrat für einzelne Gewerbs- 
zweige Vorschriften über die höchste Zahl der Lehrlinge erlassen; so- 
weit der Bundesrat solche Vorschriften nicht erlassen hat, sind auch die 
Landeszentralbehörden und ev. die Handelskammer und die Innung zum 
Erlaß befugt $ 128, Abs. 2, 8 130. Die Lehrzeit soll in der Regel drei 
Jahre dauern und darf den Zeitraum von vier Jahren nicht übersteigen 
($ 130a). Die Innung und der Lehrherr sollen den Lehrling anhalten, 
sich nach Ablauf der Lehrzeit der Gesellenprüfung zu unter- 
ziehen ($ 131c, Abs. 1). Den Lehrlingen ist nach Ablauf der Lehrzeit 
dazu Gelegenheit zu geben $ 131, Abs. 1. Die Prüfung erfolgt durch 
Prüfungsausschüsse. Bei jeder Zwangsinnung wird ein Prüfungsaus- 
schuß gebildet, bei anderen Innungen nur dann, wenn ihnen die Er- 
mächtigung zur Abnahme der Prüfungen von der Handwerkskamnıer 
erteilt ist ($ 131, Abs. 3). Der Ausschuß besteht aus einem, von der 
Handwerkskammer ernannten Vorsitzenden und mindestens zwei Bei- 
sitzern, welche bei dem Prüfungsausschuß einer Innung zur Hälfte 
von dieser und zur anderen Hälfte von dem Gesellenausschuß gewählt, 
bei andern von der Handwerkskammer errichteten Prüfungsausschüs- 
sen von der Handwerkskammer ernannt werden!) Die Ernennung 
erfolgt in der Regel auf drei Jahre. 
Gesellen, welche eine Gesellenprüfung bestanden haben und min- 
destens drei Jahre als Geselle (Gehilfe) in ihrem Gewerbe tätig gewesen 
sind, dürfen zur Meisterprüfung zugelassen werden. Die Prü- 
fung wird durch eine Kommission abgenommen, welche aus einem 
Vorsitzenden und vier Beisitzern besteht; sie werden nach Anhörung 
der Handelskammer von der höheren Verwaltungsbehörde gebildet. 
Die Ernennung erfolgt auf 3 Jahre. Die Prüfungsordnung ist von der 
Landeszentralbehörde zu erlassen ($ 133)?). Den Meistertitel iin 
Verbindung mit der Bezeichnung eines Handwerkes dürfen nur Hand- 
herrn in Handwerksbetrieben, welche nach dem Tode des Lehrherrn für Rechnung 
der Witwe oder der Erben fortgeführt werden siehe $ 129, Abs. 3. Ueber die Zu- 
rücklegung der Lehrzeit in Lehrwerkstätten oder sonstigen gewerblichen Unterrichts- 
anstalten $ 129, Abs. 5 und 6. 
1) Nähere Vorschriften über die Bildung der Prüfungsausschüsse und die Prü- 
fungsordnung enthalten die 8$ 131—132a. 
2) Ueber die Meisterprüfungen vgl. v. Frankenberg in Hirths Annalen 1908, 
S. 241 ff.
	        
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