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befugnis zum Verkauf des Schiffes schreitet. Dazu ist er nur im Falle
»‚dringender Notwendigkeit« ermächtigt und nachdem dieselbe durch
das Gericht des Ortes nach Anhörung von Sachverständigen festgestellt
ist. Bei dieser Feststellung ist der Reichskonsul, wo ein solcher vor-
handen ist, zuzuziehen, und derselbe hat dabei als Abwesenheitspfleger
des Schiffseigentümers dessen Interesse zu vertreten.
Auch wenn der Schiffer eine Bodmereischuld aufnehmen
will, kann er vor Ausstellung des Bodmereibriefs die Notwendigkeit
der Eingehung des Geschäfts durch den Konsul beglaubigen lassen ').
Bei der dem Konsul hierbei obliegenden causae cognitio handelt der-
selbe als curator absentis teils des Reeders, teils der Ladungsbeteilig-
ten?). Die vom Konsul erteilte Bescheinigung begründet die Vermutung,
daß der Schiffer zur Eingehung des Geschäfts in dem vorliegenden
Umfang befugt gewesen sei; der Gegenbeweis ist jedoch zugelassen °).
6) Die Reichskonsuln sind befugt, an Stelle eines verstorbenen, er-
krankten oder sonst zur Führung des Schiffes untauglich gewordenen
Schiffers auf den Antrag der Beteiligten einen neuen Schiffsführer
einzusetzen. Wenn der Reeder oder Korrespondentreeder selbst
für die Bestellung eines anderen Schiffsführers sorgt oder dazu in der
Lage ist, fällt dieses Recht des Konsuls weg; zunächst wird derselbe
daher, wenn es tunlich ist, den Reeder benachrichtigen und die An-
weisung desselben einholen müssen°). Beauftragt der Reeder den Kon-
sul mit der Ernennung eines Schiffsführers, so kommt der $ 35 cit.
nicht zur Anwendung, sondern der Konsul handelt als Mandatar des
Reeders. Das Konsulatsgesetz aber ermächtigt den Konsul, für den
abwesenden Reeder in dessen Interesse auch ohne dessen Auftrag
zu handeln, wenn die Beteiligten (z. B. der erkrankte Schiffer, die
Schiffsleute, die Ladungseigentümer usw.) es beantragen®.. Von den
von ihm getroffenen Maßregeln hat er die Reeder oder die Reederei
(Korrespondentreeder) und eventuell die Regierung des Staates, dem
das Schiff angehört, zu benachrichtigen.
e) Konsulnals Urkundspersonen.
Eine der wichtigsten Funktionen der Konsulate besteht darin, daß
1) Handelsgesetzbuch $ 685. Konsulatsgesetz $ 37. Vgl. v. König S. 579.
2) Wenn der Eigentümer des Schiffes oder der Ladung in die Verpfändung
eingewilligt oder den Schiffer dazu bevollmächtigt hat, liegt ein Bodmereivertrag
im Sinne des Handelsgesetzbuchs überhaupt nicht vor. Handelsgesetzbuch 8 679.
3) Handelsgesetzbuch 8 685.
4) Konsulatsgesetz 8 85. Vgl. v. König S. 544.
5) Ebenso ist die Befugnis des Konsuls ausgeschlossen, wenn der Schiffer selbst
für einen Stellvertreter sorgt. Handelsgesetzbuch 8 516, Abs. 2.
6) Die Dienstinstruktion zu 835 des Konsulatsgesetzes enthält die nähe-
ren Vorschriften, nach welchen Rücksichten der Konsul bei Auswahl des Schiffsführers
zu handeln hat. Ueber die Rechtsansprüche des vom Konsul eingesetzten Schiffers
gegen con Reeder vgl. das Urteil des ReichsoberhandelsgerichtsBd.2,
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