Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

& 72. Die Konsulate. 25 
befugnis zum Verkauf des Schiffes schreitet. Dazu ist er nur im Falle 
»‚dringender Notwendigkeit« ermächtigt und nachdem dieselbe durch 
das Gericht des Ortes nach Anhörung von Sachverständigen festgestellt 
ist. Bei dieser Feststellung ist der Reichskonsul, wo ein solcher vor- 
handen ist, zuzuziehen, und derselbe hat dabei als Abwesenheitspfleger 
des Schiffseigentümers dessen Interesse zu vertreten. 
Auch wenn der Schiffer eine Bodmereischuld aufnehmen 
will, kann er vor Ausstellung des Bodmereibriefs die Notwendigkeit 
der Eingehung des Geschäfts durch den Konsul beglaubigen lassen '). 
Bei der dem Konsul hierbei obliegenden causae cognitio handelt der- 
selbe als curator absentis teils des Reeders, teils der Ladungsbeteilig- 
ten?). Die vom Konsul erteilte Bescheinigung begründet die Vermutung, 
daß der Schiffer zur Eingehung des Geschäfts in dem vorliegenden 
Umfang befugt gewesen sei; der Gegenbeweis ist jedoch zugelassen °). 
6) Die Reichskonsuln sind befugt, an Stelle eines verstorbenen, er- 
krankten oder sonst zur Führung des Schiffes untauglich gewordenen 
Schiffers auf den Antrag der Beteiligten einen neuen Schiffsführer 
einzusetzen. Wenn der Reeder oder Korrespondentreeder selbst 
für die Bestellung eines anderen Schiffsführers sorgt oder dazu in der 
Lage ist, fällt dieses Recht des Konsuls weg; zunächst wird derselbe 
daher, wenn es tunlich ist, den Reeder benachrichtigen und die An- 
weisung desselben einholen müssen°). Beauftragt der Reeder den Kon- 
sul mit der Ernennung eines Schiffsführers, so kommt der $ 35 cit. 
nicht zur Anwendung, sondern der Konsul handelt als Mandatar des 
Reeders. Das Konsulatsgesetz aber ermächtigt den Konsul, für den 
abwesenden Reeder in dessen Interesse auch ohne dessen Auftrag 
zu handeln, wenn die Beteiligten (z. B. der erkrankte Schiffer, die 
Schiffsleute, die Ladungseigentümer usw.) es beantragen®.. Von den 
von ihm getroffenen Maßregeln hat er die Reeder oder die Reederei 
(Korrespondentreeder) und eventuell die Regierung des Staates, dem 
das Schiff angehört, zu benachrichtigen. 
e) Konsulnals Urkundspersonen. 
Eine der wichtigsten Funktionen der Konsulate besteht darin, daß 
1) Handelsgesetzbuch $ 685. Konsulatsgesetz $ 37. Vgl. v. König S. 579. 
2) Wenn der Eigentümer des Schiffes oder der Ladung in die Verpfändung 
eingewilligt oder den Schiffer dazu bevollmächtigt hat, liegt ein Bodmereivertrag 
im Sinne des Handelsgesetzbuchs überhaupt nicht vor. Handelsgesetzbuch 8 679. 
3) Handelsgesetzbuch 8 685. 
4) Konsulatsgesetz 8 85. Vgl. v. König S. 544. 
5) Ebenso ist die Befugnis des Konsuls ausgeschlossen, wenn der Schiffer selbst 
für einen Stellvertreter sorgt. Handelsgesetzbuch 8 516, Abs. 2. 
6) Die Dienstinstruktion zu 835 des Konsulatsgesetzes enthält die nähe- 
ren Vorschriften, nach welchen Rücksichten der Konsul bei Auswahl des Schiffsführers 
zu handeln hat. Ueber die Rechtsansprüche des vom Konsul eingesetzten Schiffers 
gegen con Reeder vgl. das Urteil des ReichsoberhandelsgerichtsBd.2, 
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