48 8 73. Das Post- und Telegraphenwesen.
Braunschweig erfolgt auf Grund von Vereinbarungen, welche im
Jahre 1868 zwischen dem Reichskanzler und den betreffenden Landes-
regierungen getroffen worden sind, die Annahme und Entlassung der
im Vorbereitungsdienste befindlichen Beamten, sowie die Anstellung
sämtlicher Unterbeamten durch die Organe des Reiches: da-
gegen erfolgt die Anstellung, Beförderung und Entlassung der oberen
Beamten, soweit sie nicht nach der Verfassung dem Kaiser über-
tragen ist, namens der Landesregierungen, denen die betreffenden An-
träge von den Reichsverwaltungsbehörden zugehen). Wesentlich auf
der gleichen Grundlage sind die Verhältnisse in Baden nach dem
Eintritte des Großherzogtums in die Reichspost- und Telegraphenver-
waltung zufolge einer im August 1871 getroffenen Vereinbarung ge-
regelt ?).
Diese verschiedene Zuständigkeit der Bundesstaaten zur Anstellung
von Postbeamten hat eine Wirkung auf den Erwerb der Staatsange-
hörigkeit ?).
3. In Württemberg steht gemäß der Militärkonvention vom
21./25. November 1870, Art. 11*) im Falle eines Krieges von dessen
Ausbruch bis zu dessen Beendigung die obere Leitung des Telegraphen-
wesens, soweit solches für die Kriegszwecke eingerichtet
ist, dem Bundesfeldherrn, d. h. dem Kaiser, zu. Die württembergische
Regierung hat sich demgemäß verpflichtet, bereits während des Friedens
die bezüglichen Einrichtungen in Uebereinstimmung mit denjenigen
des Norddeutschen Bundes (Reiches) zu treffen und insbesondere bei
dem Ausbau des Telegraphennetzes darauf Bedacht zu nehmen, auch
eine der Kriegsstärke ihres Armeekorps entsprechende Feldtelegraphie
zu organisieren. Die Bedeutung dieser Bestimmung liegt mehr auf
dem Gebiete des Heerwesens als auf dem der Telegraphie als Ver-
kehrsanstalt.
4. Dem Reiche steht die Regelung des Post- und Telegraphen-
verkehrs mit dem Auslande zu. Auf Bayern und Württemberg als
Glieder des Reiches findet dieser Satz im allgemeinen ebenfalls Anwen-
dung, da dem Auslande gegenüber Deutschland in allen Beziehungen
1) Hinsichtlich der Telegraphenverwaltung hat Preußen das Anstellungsrecht
inBraunschweig seit 1848, inSachsen auf Grund des Friedensvertrages vom
21. Oktober 1866, Art. 17.
2) Die sämtlichen Verträge sind im Verwaltungswege zwischen dem
Reichskanzler und den Zentralstellen der betreffenden Staaten abgeschlossen und
weder publiziert, noch durch den Druck veröffentlicht worden. Ihre Kenntnis ver-
danke ich der gütigen Mitteilung des Herrn Geheimen Oberpostrats Dr. Fischer
in Berlin. Vgl. jetzt auch Sydow S.293fg., nach dessen Angaben einzelnes berich-
tigt worden ist, sowie eine Zusammenstellung der bestehenden Verhältnisse von Hel-
molt im Berliner Tageblatt in der Abendausgabe v. 20. Dezember 1909, welche in
einigen Einzelheiten von der hier gegebenen Darstellung etwas abweicht. Vgl. auch
AschenbornS. 16 Anm. 30 und Fischer-König S. 14.
3) Vgl. darüber Köhler in Hirths Annalen 1912, S. 788 ff.
4) Bundesgesetzbl. 1870, S. 661.