Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

520 8 94. Die Kosten und Gebühren. 
Bevormundung der Einzelstaaten gegeben war; dagegen greift die Reichs- 
gesetzgebung Platz hinsichtlich aller derjenigen Kosten, welche von den 
Parteien zu tragen sind, und zwar auch dann, wenn die Beträge 
zunächst von der Staatskasse zu zahlen und von den Parteien nur 
eventuell ihr zu ersetzen sind, wie z. B. Gebühren für Zeugen und Sach- 
verständige. 
Aus diesem Prinzip ergibt sich, daß sich die Autonomie der 
Einzelstaaten erstreckt: auf alle sachlichen Ausgaben der Gerichts- 
verwaltung, auf die Höhe der Reisekosten, welche den Mitgliedern des 
Ausschusses zur Aufstellung der Dienstlisten zu gewähren sind, und 
insbesondere auf die Festsetzung der Gehalte und anderen Dienstein- 
künfte sowie der Pensionsverhältnisse aller im Justizdienste berufs- 
mäßig angestellten Beamten mit Einschluß der richterlichen. Für die 
Justizbeamten gibt es keine vom Reiche aufgestellten Normalbesoldungs- 
sätze wie für die Offiziere und Militärbeamten. 
Dagegen erstreckt sich die Reichsgesetzgebung unter Ausschluß der 
einzelstaatlichen Autonomie für den Bereich der ordentlichen streitigen 
Gerichtsbarkeit auf folgende Punkte: 
1. Die Verpflichtungsgründe zur Zahlung oder zur 
Erstattung von Prozeßkosten. Dieselben sind in den Prozeßordnungen 
bestimmt!). Die Frage, wer zur Tragung der Prozeßkosten verpflichtet 
ist, bildet einen Nebenbestandteil jeder rechtshängigen Sache und ist 
in jedem einzelnen Falle ex officio durch richterliche Entscheidung 
festzustellen 2). Eine nähere Erörterung dieser Verpflichtungsgründe 
ist ohne staatsrechtliches Interesse; sie beruhen auf dem durch die 
Natur der Sache gebotenen Prinzip, daß derjenigen Partei die Kosten 
des Verfahrens oder einzelner Teile desselben aufzuerlegen sind, welche 
diese Kosten veranlaßt hat?). Hervorzuheben ist in dieser Hinsicht 
nur, daß die notwendigen Auslagen, welche einem freigesproche- 
nen oder außer Verfolgung gesetzten Beschuldigten erwachsen sind, 
der Staatskasse auferlegt werden können). 
2. Die Verpflichtungsgründe zur Sicherheitsleistung. 
Im Strafprozeß kann vor der gerichtlichen Entscheidung über 
1) Strafprozeßordnung $ 427—505. Zivilprozeßordnung $ 91 ff., Novelle von 1909. 
Gerichtskostengesetz 8 86 ff. Vgl. den Beschluß der vereinigten Zivilsenate des Reichs- 
gerichts vom 15. Februar 1886. Entscheidungen in Zivilsachen Bd. 16, S. 291 ff. 
2) Strafprozeßordnung $ 496. Zivilprozeßordnung $ 308, Abs. 2. 
3) Hierüber finden sich Erläuterungen in sämtlichen Kommentaren zu den 
drei Prozeßordnungen und zum Gerichtskostengesetz. Ferner für den Strafprozeß: 
Mevesin v. Holtzendorffs Handbuch Bd. 2, S. 497; Wieding in v. Holtzendorffs 
Rechtslexikon Bd. 2, S. 567; Ullmann, Lehrb. S. 648 ff. und Binding, Grundriß 
Ss. 215 fl. — Für den Zivilprozeß: Endemann, Zivilprozeßordnung Bd. 3, 
S. 577 ff.; Hinschius im zitierten Rechtslexikon Bd. 2, S. 569; Fitting, Reichs- 
zivilprozeß $9%4 ff.; Hellwig a.a.0. — Vgl.auch Menger in Grünhuts Zeitschrift 
Bd..7, S. 656 ff. und jetzt besonders Unger, Handeln auf eigene Gefahr S. 104 ff. 
(2. Aufl., 1894). 
4) Strafprozeßordnung $ 499, Abs. 2; $& 505, Abs. 1.
	        
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