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spruch. Auf eine Widerlegung der hiervon ab-
weichenden Ansichten kann in diesem Zusammenhange
verzichtet werden. Dagegen bedarf die Stellung des
Kaisers gegenüber den Einzelstaaten im Rahmen der
Frankfurter Verfassung einer besonderen Erörterung.
Der wescentlichste Unterschied zwischen den
Reichsstaatssystemen der beiden Verfassungen liegt
darin, dass, während in der geltenden Reichsverfassung
die Reichsgewalt getragen wird von der Gesamtheit
der deutschen Einzelstaaten, die Verfassung der Pauls-
kirche nur eine einheitliche Reichsgewalt Kennt;
sie lässt den einzelnen deutschen Staaten „alle Ho-
heiten und Rechte, soweit diese nicht der Reichs-
sewalt ausdrücklich übertragen sind: $5. Als
Organe der Reichsgewalt aber kennt sie nur „das
Reichsoberhaupt“ und den Reichstag. Die Einzel-
staaten als solche werden zu einer Mitwirkung am
Staatslcben des Reichs nur berufen, insofern als
die cine Kammer des Reichstags, das Staatenhaus,
nach $ 86 gebildet wird „aus den Vertretern der
deutschen Staaten“, in der Weise, dass die Regierung
und die Volksvertretung der einzelnen Staaten die
Mitglieder des Staatenhauscs wählen ($$S 88, 89) 39).
39) Das verstand man in der Paulskirche unter der „Dar-
stellung des deutschen Sonderlebens“! Dass dabei in Wirklich-
keit von einer Wahrung der rechtlichen Individualität der
einzelstaatlichen Organisationen als Staaten nicht die Rede
sein kann, liegt auf der Hand. Die Rechtslage war vielmehr
vollkommen richtig gezeichnet durch die in der Paulskirche
(Stenogr. Ber. S. 4971, 2. Spalte, Zeile 12ff.) gesprochenen Worte:
„Die Monarchien sind durch unsere ganze Verfassung fak-
tisch vernichtet und man will nicht mehr das Wesen der Mo-
narchie, sondern nur den Schein derselben in den Einzel-
staaten aufrecht erhalten.“ Was die Motive des Königl.Bairischen
Entwurfs einer deutschen Gesamtverfassung (bei Roth und
Merck, Quellensammlung zum deutschen öffentlichen Recht seit