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„konstitutionellen“ Beschränkung des Kaisers durch
den Reichstag nicht wohl die Rede sein kann, weil ja
der Kaiser als solcher tatsächlich nicht Monarch ist.
Von dem Prinzip des konstitutionell-monarchischen
Staalssystems unbedingt beherrscht erscheint da-
gegen die Verfassung von 1849. In ihr übt, wie bereits
hervorgehoben, der Kaiser als „Träger“ der Regierungs-
gewalt, nach Massgabe der Reichsverfassung, d. h.
selbständig, soweit nicht die Zustimmung des Reichs-
tags nach $ 102 ausdrücklich für erforderlich erklärt
wird 2), die Rechte und Befugnisse der Reichsgewalt.
Insbesondere hat nach $ 80 dieser Verfassung die Mit-
wirkung des Reichstags bei der Gesetzgebung nur
die Bedeutung „verfassungsmässiger Beschränkungen“
des Kaisers.
Indessen, trotzdem hat das Kaisertum der Frank-
furter Verfassung in Wirklichkeit mit dem Wesen
monarchischer Staatsgewalt nichts gemein. Denn
daran muss mit aller Entschiedenheit festgehalten
werden, dass die Staatsform eines Staatswesens recht-
lich nur danach beurteilt werden kann, wie in dem
betreffenden Staate der Gesetzentwurf den Gesetzes-
charakter erhält, welcher Faktor des staatlichen Lebens
42) Ein Rteichstagsbeschluss ist hiernach notwendig, ab-
geschen von den bereits S. 21, 22 genannten Fällen bezüglich des
internationalen Vertragsrechts:
1. Wenn es sich um die Erlassung, Aufhebung, Abänderung
oder Auslegung von Reichsgesetzen handelt.
2. Wenn der Reichshaushalt festgestellt wird, wenn Anleihen
kontrahiert werden, wenn das lteich eine im Budget nicht
vorgesehene Ausgabe übernimmt, oder Matrikularbeiträge
oder Steuern erhebt.
3. Wenn fremde See- und Flusschiffahrt mit höheren Ab-
gaben belext werden soll.
4. Wenn TLaandesfestungen zu Reichsfestungen erklärt wer-
den sollen.