Nr. 4.
Nr. 5.
284 I. Buch. Handelsstand. 5 76 (Nr. 3—5).
Wieweit dem Lehrling andererseits aus solchem Vertrage unmittelbar Rechte
gegen den Lehrherrn erwachsen, ist nach allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen
(B. G. B. § 328). Ist Selbstkontrahent der Inhaber der elterlichen Gewalt, so wird
nach dem Zweck des Vertrages anzunehmen sein, daß der Lehrling, so lange der
betreffende Elternteil noch lebt, nicht ein unmittelbares Recht erwerben solle
(Behrend § 47 Anm. 8), wohl aber mit dem Tode des betr. Elternteiles.
4. Form des Lehrvertrages. Einer bestimmten Form bedarf der Abschluß
des Lehrvertrages nicht (anders G.O. § 126b), er kann sogar, was freilich selten
vorkommen wird, auch durch konkludente Handlungen Heschlosten werden. Doch hat
ern sur guundlich abgeschlossene Vertrag geringere Wirkung als der schriftliche
vgl. .
5. Inhalt des Lehrvertrages. Der Lehrvertrag ist stets ein gegenseitiger
Vertrag (R.O. H. G. IX Nr. 84, XIV Nr. 69).
aà) Rechte des Lehrherrn. Der Lehrherr hat Anspruch auf Leistung kauf-
männischer Dienste durch den Lehrling, bei Verweigerung auf Entschädigung, letz-
teres aber nur dann, wenn der Lehrvertrag schriftlich geschlossen war (5 79). Ein
Recht auf direkte Erzwingung der Dienste secht ihm nicht zu. Nimmt also der ge-
setzliche Vertreter den Lehrling vertragswidrig aus dem Geschäft, oder verläßt der
Lehrling eigenmächtig die Lehre, so kann der Lehrherr nur Entschädigung wegen
einseitiger Vertragsauflösung verlangen, jedenfalls aber würde ihm Vollstreckun
zur Erzwingung der Dienste nach Z—.P.O. § 888 Abs. 2 nicht gewährt werden (au
§ 887 Abs. 2 wird wegen §5 79 nur bei schriftlichem Lehrvertrag praktisch werden).
Ebensowenig kann er nach neuem Recht die Hilfe des Gerichts als Organes der
freiwilligen Gerichtsbarkeit in Anspruch nehmen. Auch auf polizeiliche Zurück-
führung des die Lehre unbefugt verlassenden Lehrlings hat der Lehrherr kein selb-
ständiges Recht. Der diesbezügliche § 1274 der G.O. ist nicht aufgenommen.
Vom Standpunkt des B. G. B. ist eine allgemeine väterliche Erziehungsgewalt des
Lehrherrn über den Handlungslehrling auch dann nicht zu rechtfertigen, wenn der
Lehrling in den Hausstand des Prinzipals aufgenommen ist. Stets bleibt die
Person des Vaters oder des Vormundes die weiter entscheidende. Diese allein
haben über die für die Erziehung angemessenen Zuchtmittel zu befinden und nur
sie sind legitimiert, das Vormundschaftsgericht um Unterstützung anzugehen (B.G.B.
§§ 1631, 1800). Wie weit sie dem Lehrherrn S#tehungere te außerhalb der Zwecke
des Lehrvertrages einräumen wollen, hängt von ihnen ab, doch würde ein Verzicht
auf die elterlichen Rechte unwirksam sein (R.G.Z. XVII S. 129, X S. 113,
Seuffert XXXI Nr. 23, Mot. zum Entw. I des B. G. B. IV S. 752). Weist die
Obervormundschaft die Erziehung dem Lehrherrn zu (B.G.B. § 1666), so gilt
natürlich ein anderes. Vater oder Vormund können auch jederzeit die Herausgabe
des minderjährigen Lehrlings verlangen (R.O. H.G. IX Nr. 84, B. G. B. ö§ 1632,
1800), und der Lehrherr hat nicht das Recht, unter Berufung auf den Lehrvertrag
den Lehrling zurückzubehalten, da es sich hier um unveräußerliche Rechte handelt
Gehrend S. 339, Bloch S. 21), eben owenig das Recht, vom Vater die Zurück-
eingung in die Lehre zu erzwingen (O. L.G. München in O. L.G. Rspr. XIX S. 303).
Wohl aber ist der ihrnling zur Erreichung der Zwecke des Lehrvertrages der Diszi-
plinargewalt des Lehrherrn unterworfen (N.O.H.G. IX Nr. 84), dieser hat ihn
während der ganzen Lehrzeit (R.G. Str. in D.J.J. 08 S. 1283) zur Arbeitsamkeit
und zu guten Sitten anzuhalten (§ 76 Abf. 3). Dagegen steht dem Lehrherrn auch
ein mäßiges Züchtigungsrecht (vgl. G. O. § 127a Abs. 2) zur Durchslihrung. dieser
Aufgabe nicht zu (5 77 Abs. 3 verweist ausdrücklich auf § 71 Nr. 4). Die Dienste,
die der Lehrherr beansprucht, dürfen nicht im Widerspruch mit dem Zweck des Lehr-
vertrages stehen, nach dem der Lehrling nach und nach in die Einzelheiten der
gelchä tlichen Kenntnisse eindringen soll, insbesondere darf der Lehrherr ihm nicht
ienste übertragen, denen er nicht gewachsen . noch ihn umgekehrt auf Dienste
beschränken, die seine Ausbildung nicht befördern (Busch XXI S. 332ff.). Die
Entschädigung, die der Lehrherr bei Kontraktbruch des Lehrlings beansprucht, wird
sich nach Lage des Falles verschieden vemesseut die Zahlung des bedungenen Lehr-
geldes ist nicht stets genügend. Ist der Lehrling vielseehr längere Zeit im Dienst
gewesen, so daß er sich eine gewisse Fertigkeit erworben hat, so wird der Lehrherr
regelmäßig die für die Bezahlung eines etwa gleichwertigen Ersatzkommis erforder-