90 II. Geschichtl. Entwickelung des staatl. Rechtszustandes in Deutschland.
führen. Seine Gesetzgebung blieb ein Torso. Dennoch hatte er
damit dem preussischen Staatswesen die Signatur seines Geistes
aufgeprägt. Alles, was in späteren Zeiten, selbst in unsern Tagen,
an gesunden Reformplänen entworfen und durchgeführt worden ist,
hat an die Grundgedanken der Stein’schen Gesetzgebung wieder
angeknüpft. Aber auch weit über Preussen hinaus, auf alle deut-
schen Staaten, hat die Stein’sche Gesetzgebung einen unverkenn-
baren Einfluss ausgeübt, nachdem mit der Fremdherrschaft der
Bann der ausländischen Schablone zerbrochen war.
g 12.
Abschüttelung der Fremdherrschaft und Auflösung des Rhein-
bundes.
Am 9. April 1809 erklärte Oesterreich abermals den Krieg an
Frankreich, wurde aber durch die Schlacht von Wagram am 6. Juli
gezwungen. am 14. Oktober den Frieden von Wien zu schliessen
IG.v. Meyera.a.0O.S. 118), welchen es abermals durch bedeu-
tende Grebietsabtretungen vom Sieger erkaufte. Nach der willkür-
lichen Laune des Protektors fand im Jahre 1810 abermals ein Wech-
seln und Tauschen der Länder unter den Rheinbundsfürsten statt,
welches die Welt recht eindringlich an die ephemere Natur aller
dieser Staatsschöpfungen mahnte. Aber den Höhepunkt despoti-
scher Willkür bezeichnen die Reunionen vom December 1810. Durch
ein sog. organisches Senatuskonsult vom 13. December 1810
(v. Meyera.a.O.S.105) wurden Theile von Westfalen und Han-
nover, die Länder der Rhembundsfürsten von Oldenburg, Salm und
Arenberg, endlich Lauenburg und die drei Hansestädte dem fran-
zösischen Kaiserreiche als Departements der obern Ems, der Weser-
und Elbmündungen einverleibt. Dieser schreienden Rechtsver-
letzung, welche selbst der eigenen Verbündeten nicht mehr schonte,
folgte bald die Katastrophe. Nach dem Untergange der »grossen
Armee«in Russland verbündete sich Preussen mit Russland durch den
Vertrag von Kalisch vom 28. Februar 1813. Die Proklamation von
Kalisch vom 25. März 1813 van die Deutschen« (v. Meyera.a.0.
S. 146! verhiess: »Herstellung der deutschen Verfassung in lebens-
kräftiger Verjüngung nnd Einheit, ohne fremden’ Einfluss, allein
durch die deutschen Fürsten und Völker und aus dem ureignen
Geiste des deutschen Volkes«. Zugleich sprach sie die Auflösung
des Rheinbundes aus. Durch den Vertrag von Teplitz am
9. September 1813 trat Oesterreich der Alliance bei v. Meyer.