Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

3. Der deutsche Bund und die deutschen Einzelstaaten von 1515 — 1866. 95 
hältnisse der Einzelstaaten beziehen. Die ersten elf Artikel wurden 
in französischer Tebersetzung der »Acte du Congres de Vienne« 
vom 9. Juni 1815 einverleibt, ausserdem wurde die ganze Bundes- 
akte als Beilage IX für einen Bestandtheil der Wiener Kongress- 
akte erklärt. 
$4. 
Die Bundesverfassung im Allgemeinen. 
Zu der Bundesakte vom 10. Juni 1815 trat »die Schlussakte 
der Wiener Ministerialkonferenzen vom 15. Maı 1820 zur Vervoll- 
ständigung und Erläuterung der Bundesakte« in 65 Artikeln kurz- 
weg Wiener Schlussakte genaunt,. Berathen durch Abgeordnete 
sämmtlicher Bundesregierungen auf den Wiener Ministerialkonfe- 
renzen 1519 und 18520, wurde sie durch Bundesbeschluss vom 
8. Juni 1520 ausdrücklich als ein »Grundgesetz des deutschen 
Bundes« anerkannt. 
Der deutsche Bund war nach officiellen Erklärungen » weder 
ein Bundesstaat, noch ein blosses Schutz- und '[rutzbündiniss, son- 
dern ein Staatenbund, »ein völkerrechtlicher Verein der souve- 
ränen Fürsten und freien Städte Deutschlands«. Der deutsclie 
Bund war somit nicht blos ein persönliches Bündniss der Für- 
sten, sondern von den Fürsten kraft ihrer Repräsentativgewalt für 
ihre Staaten abgeschlossen. Die Staaten selbst befanden sich, 
vermittelst ihrer Staatsregierungen, in der beständigen, unauflös- 
lichen Gemeinschaft des deutschen Bundes und wurden daher als 
»Bundesstaaten« bezeichnet. Die im Namen sämmtlicher Mitglieder 
ausgeübte Bundesgewalt war keine Staatsgewalt. sondern eine blosse 
Socialgewalt mit einem Inbegriffe bestimmter, vertragsmässig 
festgesetzter Befugnisse. Fehlte es dem Staatenbunde nach in- 
nen an Jeder staatsrechtlichen Organisation, so stand er iu 
seinen äusseren Verhältnissen als »eine in politischer Einheit 
verbundene (resammtmacht« da; er war unbestritten eme völker- 
rechtliche Persönlichkeit. 
Ausgesprochener Zweck des deutschen Bundes war: »Die Erhal- 
tung der äussern und innern Sicherheit Deutschlands, sowie der Un- 
abhängigkeitund Unverletzbarkeit der einzelnen Deutschen Staaten«. 
(Bundesakte A. 2. WSchAA.1). Diemnere Sicherheit der einzelnen 
Staaten fiel an sich nicht unter die Zweckbestimmungen des Bun- 
des, welcher der Regel nach zu keinem Eingriff in die Regierung 
der Einzelstaaten berechtigt war. »Die durch die Bundesakte den 
einzelnen Bundesstaaten garantirte Unabhängigkeit schloss ım all-
	        
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