Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

3. Der deutsche Bund und die deutschen Einzelstaaten von 1815—1566. 119 
staates für immer einen Markstein in unsrer deutschen Verfas- 
sungsentwickelung bilden wird. 
Auch im Königreiche Sachsen wurden in dieser Zeit die ge- 
rechten Anforderungen der überwiegenden Mehrzahl der Staatsbür- 
ger laut, welche nach der veralteten ständischen Ordnung von jedem 
Einflusse auf die öffentlichen Angelegenheiten ausgeschlossen waren. 
Diese Einsicht machte sich selbst in den privilegirten Ständen gel- 
tend. So wurde nach reiflichen Berathungen mit den noch einmal 
versammelten alten Landständen der Entwurf einer Verfassung auf 
konstitutioneller Grundlage angenommen und am 4. September 
1831 als Landesgesetz verkündigt. Durch diese Verfassung kam 
in das Staatsleben Sachsens ein vollständiger Umschwung. Die hin- 
ter andern Ländern vielfach zurückgebliebene Gesetzgebung ent- 
wickelte, besonders unter Lindenau’s Ministerium, eine vorher nie 
gesehene Thätigkeit für Beseitigung eingenisteter Missbräuche und 
Anbahnung eines besonnenen staatlichen Fortschrittes auf allen 
Gebieten !. 
Auch im Königreiche Hannover war es bis auf diese Zeit 
bei den ängstlich konservirten alten Zuständen geblieben. Acht 
Provincialständeversammlungen tagten neben dem allgemeinen 
Landtage. In diesem unförmlichen Körper hatte der nicht einmal 
stark begüterte Adel die Oberhand, welcher auch in Abwesenheit 
des »unsichtbaren Königs« alle höheren Staatsämter thatsächlich zum 
Monopol gemacht hatte und so den Staat oligarchisch beherrschte 
und ausbeutete. Solche Zustände riefen endlich sogar in diesem 
konservativen nıiedersächsischen Stamme eine gährende Unzufrie- 
denheit wach. Bedenkliche weitverbreitete Symptome dieser Stim- 
mung gaben auch hier den äussern Anstoss zu einer staatlichen Neu- 
gestaltung. Unter behutsamer Schonung aller bestehenden Verhält- 
nisse und Interessen kam die massvolle Reform des Staats- 
grundgesetzesvom 22. September 1833 unter Dahlmann’s 
massgebendem Einflusse ? zu Stande, welches zwar dem abstrakten 
Liberalismus wenig genügte, aber das hohe Verdienst hatte, Hannover 
aus den verworrenen Zuständen einer provinciellen Adelsoligarchie 
i Friedrich Bülau, Darstellung der Verfassung und Verwaltung des König- 
reichs Sachsen. Leipzig 1833. 8. 31 ft. 
2 Ueber Dahlmann’s Einfluss auf die Errichtung des Staatsgrundge- 
setzes vergl. H. v. Treitschke in seinen historischen und politischen Auf- 
sätzen, vornemlich zur neuesten deutschen Staatsgeschichte. Leipzig 1865. 
S.3S1 ff. A. Springer, Dahlmann. Leipz. 1570. Th. I. 8. 304—359.
	        
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