Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

124 II. Geschichtl. Entwickelung des staatl. Rechtszustandes in Deutschland. 
raschung und Rathlosigkeit des alten Systems war unverkennbar. 
In athemloser Hast versuchte die Bundesversammlung jetzt lang 
Versäumtes nachzuholen und das verscherzte Vertrauen der Nation 
wiederzugewinnen. Durch die Proklamation vom 1. März beschritt 
sie diese ungewohnte Bahn (Roth und Merk B. IS. 80). Durch 
Bundesbeschluss vom 3. März 1848 wurde es jedem deutschen Bun- 
.desstaate freigestellt. die Censur aufzuheben und Pressfreiheit ein- 
zuführen (Roth und Merk B. IS. 102), durch Bundesbeschluss 
vom 9. März erklärte die Bundesversammlung »den alten deut- 
schen Reichsadler und die Farben des ehemaligen Reichspaniers — 
schwarz, roth und gold — zu Wappen und Farben des deutschen 
Bundes« und erkannte an: »dass eine Revision der Bundesverfassung 
auf wahrhaft zeitgemässer und nationaler Grundlage nothwendig 
sei (RotlıB.IS.117). und forderte deshalb durch Bundesbeschluss 
vom 10. März die Regierungen auf: »Männer des allgemeinen Ver- 
trauens, und zwar für jede der 17 Stimmen einen, mit dem Auf- 
trage nach Frankfurt abzuordnen, der Bundesversammlung und 
deren Ausschüssen zum Behufe der Vorbereitung der Revision der 
Bundesverfassung mit gutachtlichem Beirathean die Hand zu gehen«. 
Diese 17 Vertrauensmänner begannen ihre Berathungen am 15. April 
und bereits am 27. Aprıl 1848 überreichten sie der Bundesversamm- 
lung »den Entwurf zu einer Verfassung für Deutschland« Weil 
S. 109), welcher, obgleich weder von der Bundesversammlung förm- 
lich adoptirt, noch von der Nationalversammlung ihren Berathungen 
zu Grunde gelegt, dennoch einen bedeutsamen Markstein in unserer 
ddeutschen Verfassungsentwickehung bildet. Hier wurde zum ersten- 
male in grossartigem Lapidarstyle, von Dahlmann’s fester Hand. 
die staatsrechtliche Form vorgezeichnet, wie sie von nun an allen 
Entwürfen der erbkaiserlichen Partei zu Grunde gelegt wurde und 
in der Verfassung des neuen deutschen Reiches, unter entsprechen- 
den, durch die Erfahrung gebotenen Modifikationen, zur schliess- 
lichen praktischen Verwirklichung gelangt ıst !. 
Rechtes seit 154S. 2 Bde. Erlangen 1550—52. Karl v. Kaltenborn, Ge- 
schichte der deutschen Bundesverhältnisse und Einheitsbestrebungen von 1306 
bis 1556 unter Berücksichtigung der deutschen Landesverfassungen. 2 Bde. 
Berlin 1857. Das neueste und gediegenste Werk ist jetzt H. Klüpfel, Ge- 
schichte der deutschen Einheitsbestrebungen bis zu ihrer Erfüllung, 1848—1S71. 
2 Bde. Berlin 1872—73. Vergl. auch H. A. Zacharıä, Deutsches Staatsr. 
B.1.843 ff. H. Zöpfl, BI 8191 £. 
1 Der Entwurf der deutschen Reichsverfassung, wie er der deutschen 
Bundesversammlung als Gutachten der 17 Männer des öffentlichen Vertrauens am
	        
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