4. Die Krisis des Jahres 1848. 133
sobald er die Zustimmung der Volksvertretung erlangt habe«, wurde
von Preussen nicht mehr festgehalten und dadurch der Abfall man-
cher schwankend gewordenen Regierungen wesentlich erleichtert.
Die durch Preussens Hülfe besiegte Revolution schreckte die Regie-
rungen nicht mehr, welche sich nur unter dem Drange zwingender
Umstände die Unterordnung unter die preussische Reichsvorstand-
schaft hatten gefallen lassen. Der Abfall griff immer weiter um sich.
So brachte auch der Fürstenkongress zu Berlin vom 8.
bis 15. Mai 1850 kein Definitivum zu Stande. Die Unionsverfas-
sung wurde nicht ins Leben geführt, sondern es wurde die Einsetz-
ung eines vorläufig bis zum 15. Juli dauernden Provisoriums, d. h.
einer provisorischen Unionsregierung , beschlossen. Obgleich man
immer noch nominell daran festhielt, »die Unionsverfassung ins
Leben zu führen«, so gewann doch am preussischen Ilofe die reak-
tionäre Politik der Unionsfeinde, denen die ganze deutsche Frage
gleichgültig, ja widerwärtig war, täglich mehr an Boden und hob
endlich den Träger der deutschen Unionspolitik, den General v. Ra-
dowitz, völlig aus dem Sattel.
$ 58.
Das Interim.
Nach Auflösung der Frankfurter Nationalversammlung erkannte
Preussen die provisorische Centralgewalt des Reichsverwesers als
rechtsbegründet nicht mehr an. Da nun aber der Reichsverweser die
ihm durch Bundesbeschluss vom 12. Juli 1848 übertragene Gewalt
auch nur an die Gesammtheit der deutschen Bundesglieder zurück-
geben wollte, so drohten schwere Konflikte zwischen Preussen und
der noch fortbestehenden provisorischen Centralgewalt einzutreten.
Um diesem Zustande ein Ende zu machen, kamen Oesterreich und
Preussen überein, vorläufig die Centralgewalt des Bundes gemein-
schaftlich und ausschliesslich in die Hand zu nehmen, und
schlossen daher am 30. September 1849 eine Uebereinkunft ȟber
einen den übrigen Mitgliedern des deutschen Bundes vorzulegenden
Vorschlag wegen Bildung einer neuen provisorischen Bundescentral-
kommission«, welcher der Reichsverweser am 6. Oktober 1849 seine
Zustimmung ertheilte (Weil, S. 247). Da die übrigen deutschen
Regierungen diesem Vertrage nur allmälig, zum Theil unter Vor-
behalten beistimmten, so konnte die provisorische Bundescentralkom-
mission erst am 20. December 1850 die Leitung der gemeinschaft-